"Auf Brautschau im Ausland" ist die nächste bloßstellende Variante der Kuppelshow im Privatfernsehen. Was einst mit "Herzblatt", "Geld oder Liebe" und "Nur die Liebe zählt" begann, ist heute "Bauer sucht Frau" – oder eben diese unsägliche Variante eines Frauenkaufs aus dem Katalog.
Wie funktioniert's? Sat.1 sucht sich sechs deutsche Männer zwischen 27 und 46, die keine Frau finden, und fliegt sie nach Thailand, Russland oder auf die Philippinen, wo sie eine Frau fürs Leben finden sollen. Garniert mit einer fürchterlichen Musikauswahl und ständig über den Bildschirm rieselnden Digitalherzchen filmt der Sender die ungelenken Flirtversuche der Männer, die mit dieser Situation völlig überfordert sind. Der Zuschauer wird dabei zum Voyeur der Unbeholfenheit.
Warum die Frauen dort auf die Männer warten, sich darauf einlassen, lässt die Sendung offen. Stattdessen konzentrieren sich die Macher auf die emotionale Not der Kandidaten, die unbeholfen oder weltfremd durch die Gegend stolpern auf der inszenierten Suche nach einer Frau mit großen Brüsten, die auch noch für sie kocht und wäscht.
Das Menschenbild hat sich gewandelt
Die Frauen werden in der Sendung und von den Männern entweder auf Lustobjekte reduziert oder zu einem Idealweib für Heim und Hof stilisiert. Die Männer kommen entweder als hilflose Muttersöhnchen rüber, die sich das erste Mal von Mama lösen, oder als selbstverliebte Machos, denen selbstbestimmte deutsche Frauen nicht willig genug sind.
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Anfang der 90er Jahre hatten Kuppelshows im Fernsehen noch ein anderes Menschenbild. Bei "Geld oder Liebe" standen die Kandidaten mit ihren Fähigkeiten positiv im Mittelpunkt, bei "Nur die Liebe zählt" – übrigens auf dem gleichen Sendeplatz wie die "Brautschau" – brachten Menschen erstmals den Mut auf, sich einem langjährig angebeteten Menschen zu öffnen. Da waren die Geschichte von Kennenlernen und Liebe noch schön, und der Zuschauer konnte sich mit den Kandidaten freuen.
Die Liebe wird in die Lächerlichkeit gezogen
Sat.1 ignoriert das alles, zieht die Männer mit süffisanten Bildunterschriften durch den Kakao und erfreut sich an ihrem emotionalen Leid. Das ist nicht ganz neu – Big Brother oder das Dschungelcamp funktionieren genauso.
Neu ist, dass hier die Liebe zwischen zwei Menschen, eigentlich etwas sehr Schönes und meist Privates, ungebremst der Lächerlichkeit preisgegeben wird. Die männlichen Opfer dieses Fernsehvoyeurismus hoffen auf emotionale Erfüllung und sind verzweifelt genug, dafür die Hilfe eines Fernsehsenders in Anspruch zu nehmen. Dass Sat.1 diese Öffnung ihrer Privatsphäre dafür hemmungslos ausnutzt, nehmen sie – wissend oder unwissend – in Kauf.
Mit Liebe hat das nichts zu tun. Dieses schönste Geschenk, das sich zwei Menschen machen können, ist nicht einfach so herstellbar. Und wenn es doch klappen sollte, ist das sicher nicht der Verdienst von Sat.1, sondern trotzt dem Voyeurismus der Kameras.