Jeder, der im Internet freie Inhalte zur Verfügung stellt, werde durch das geplante Gesetz potenziell dem Risiko ausgesetzt, abgemahnt zu werden, sagte Jan Engelmann vom deutschen Betreiber des Online-Lexikons, Wikimedia Deutschland, am Freitag in Berlin. Die Befürchtung des Vereins, durch das Leistungsschutzrecht könnten auch Bildungsprojekte beeinträchtigt werden, scheine sich durch den Gesetzentwurf zu bewahrheiten.
Der Verein kritisierte, dass in dem Entwurf keine deutliche Trennung zwischen privater und kommerzieller Nutzung gemacht werde. Da Wikipedia ein weltweites Gemeinschaftsprojekt ist und eine Creative Commons-Lizenz nutzt, befürchten die Macher künftig durch das Leistungsschutzrecht Unterlassungsansprüchen ausgesetzt zu sein. Mit der Creative Commons-Lizenzen können Nutzer bei Wikipedia Inhalte frei bearbeiten und weiterverwenden, selbst wenn dies einem wirtschaftlichen Zweck dient.
Das Leistungsschutzgesetz birgt einige Fallstricke
Auch sei bislang nicht geklärt, ob Links in Wikipedia-Artikeln künftig noch unter das Zitatrecht fallen, da sie häufig Überschriften von Presseartikeln enthalten. Laut dem Entwurf soll die bloße Verlinkung auf Inhalte weiterhin zulässig sein. Jedoch sei unklar, ob dies auch für die Link-Titel gilt, kritisierte der Verein.
Das Bundesjustizministerium hatte am Mittwoch einen Referentenentwurf für das umstrittene Leistungsschutzrecht für Presseverlage vorgestellt. Mit dem Gesetz, das das Kabinett noch vor der Sommerpause beschließen will, sollen Hersteller von Presseerzeugnissen vor der unberechtigten gewerblichen Nutzung ihrer Erzeugnisse durch Dritte geschützt werden. Unter anderem würden Blogger, die etwa als freiberufliche Journalisten tätig sind und zugleich über ihr Schwerpunktthema bloggen, nach dem geplanten Gesetz künftig zu gewerblichen Zwecken handeln. Sie müssten daher für die Online-Nutzung Lizenzen erwerben.