Foto: Florian Schunck
Schattenwelten von Heiligen und Müll
Der Fotograf Florian Schunck lässt mit der Fotoserie "Skias" den Betrachter an seiner Wahrnehmung zweifeln: Können Müllskulpturen heilige Schatten werfen? Sie können. Und so findet sich das Heilige im (sorgsam zusammengestellten) Alltag wieder.
14.06.2012
Franziska Fink

Verwirrt wandert der Blick zwischen Skulptur und Schatten. Können diese bunt zusammengewürfelten Plastiken aus Besen, Luftballons, Werbeprospekten und anderen profanen Objekten wirklich die scharfen Umrisse von christlichen Heiligen an die Wand werfen?

Fotograf Florian Schunck setzt sich, ausgehend von Platons Höhlengleichnis, in seiner Arbeit "Skias“ mit Wahrnehmung und Wirklichkeit auseinander. So wie die Menschen in Platons Gleichnis die Schatten an der Wand als Wirklichkeit wahrnehmen und zu enträtseln versuchen, bemüht sich der Betrachter der Fotografien eine Verbindung zwischen realem Objekt und der Abbildung an einer Hauswand herzustellen. 

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Auf die Motivthematik ist Schunck in Italien gestoßen, wo ihm Heiligenbilder und Heiligenverehrung im Alltag begegnet sind. Hier hat er die ersten Bilder für seine Serie "Skias“ geschossen und die Materialien für die Skulpturen vor Ort auf der Straße zusammengesucht.

Mit seiner Serie hat Schunck den "Merck-Preis der Darmstädter Tage der Fotografie 2012“ gewonnen. Das Motto "Bildspuren – Unruhige Gegenwarten“ greift Schunck auf unterschiedliche Weise auf. Zum einen geht es bei ihm um die Auseinandersetzung mit dem Medium Fotografie, zum anderen ist für ihn das Thema "Ikonen und Heilige“ nach wie vor aktuell.

Alles Täuschung?

"Wenn jemand heilig oder selig gesprochen wird, sorgt das immer noch und immer wieder für Aufregung, es kommt in den Nachrichten und wird kontrovers diskutiert“, sagt Schunck. In der Jurybegründung heißt es: "Die stark konzeptionelle Arbeit eröffnet vielschichtige Interpretationsmöglichkeiten, von der Rezeption von Wirklichkeit, bis hin zur kritischen Hinterfragung von Ikonenbildung und -anbetung.“

Tatsächlich setzt "Skias“ sich auf vielen Ebenen mit Täuschungen, Realität und unterschiedlichen Blickwinkeln auseinander." Manche Leute haben mir vorgeworfen, die Fotografien wären langweilig, ich hätte alles in Photoshop gemacht. Dabei ist das eine analoge Arbeit.“

Es geht ihm auch darum, was Bilder einem sagen, wie hoch überhaupt noch der Wahrheitsgehalt eines Bildes ist, gerade auch in Zeiten digitaler Bildbearbeitung. "Im Prinzip ist eine Fotografie ähnlich wie ein Schatten, weil eine Fotografie wie ein Schatten auch interpretiert werden muss“, erklärt Schunck. "Ich muss mir über den Standpunkt des Fotografen und den Kontext des Bildes bewusst werden, bevor ich es als tatsächliches Abbild wahrnehmen kann.“