Foto: dpa/Ronald Wittek
Der Motorradclub Hells Angels ist in den vergangenen Wochen in die Schlagzeilen gekommen. Die Hochzeit des Hells-Angels-Chefs in Reutlingen sorgt auch deshalb für Diskussionen.
"Höllenengel" vor dem Traualtar
Eine Hochzeit im schwäbischen Reutlingen sorgt für Aufsehen: Der Chef des örtlichen Rockerclubs Hells Angels will kirchlich heiraten. Das darf er - die erwarteten Rockergäste sorgen dennoch für Diskussionen.
14.06.2012
epd
Judith Kubitscheck

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Am kommenden Samstag wird der Reutlinger Hells-Angels-Präsident Ingo Dura in der evangelischen Marienkirche seine Ehefrau Ulrike Mader vor den Traualtar führen. Bis zu 1.000 Hochzeitsgäste werden erwartet, darunter neben der Familie viele "Höllenengel". Zeitungsberichten zufolge werden auch Mitglieder der US-amerikanischen Metal-Band Metallica in die schwäbische Stadt kommen.

Das Reutlinger Ordnungsamt hat sich für den erwarteten Ansturm von motorisierten Hochzeitsgästen vorbereitet. Auch die Polizei habe die Hochzeit im Blick, erwarte aber eine friedliche Feier, sagte Polizeisprecherin Andrea Kopp. Der Reutlinger Dekan Jürgen Mohr hat sich dafür eingesetzt, dass die Polizei während des Traugottesdienstes die Kirche nicht betreten darf. Die Marienkirche sei ein polizeifreier Raum: "In der Kirche bin ich für die Sicherheit zuständig und draußen die Polizei", betont der Dekan.

"Wer evangelisch ist, hat ein Anrecht, getraut zu werden"

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Auch wenn sie sich "Höllenengel" nennen und der mitgliederstärkste Rockerclub weltweit gerade wegen Razzien und Straftaten in vielen Städten in die Schlagzeilen gekommen ist: Mohr will dem Paar, das schon lange standesamtlich verheiratet ist, den göttlichen Segen nicht verwehren. "Wer evangelisch ist, hat ein Anrecht, getraut zu werden." Ob die Lebensweise des Brautpaares christlich ist, könne er nicht prüfen, ebenso wenig wie bei anderen Paaren, sagte Mohr. Außerdem sei das Hells Angels-Chapter in Reutlingen nach Angaben des Landeskriminalamtes im Gegensatz zu anderen Hells Angels-Gruppen keine kriminelle Vereinigung, so der Dekan.

Auf den Kutten der Hells Angels sind Totenköpfe und teilweise auch Aufnäher mit dem satanistischen Zahlencode 666 angebracht. Doch anders als in Gerichtssälen dürfen die Rocker auch mit Kutte in die Marienkirche. Dass der Dekan kein Kutten-Verbot ausgesprochen hat, habe zu "erheblichen Diskussionen in der evangelischen Kirchengemeinde bis hin zu Austritts-Ankündigungen" geführt, berichtete der "Reutlinger General-Anzeiger".

Es wird nichts Satanisches gesungen

Der Pfarrer der Kirchengemeinde Ohmenhausen, Andreas Bihl, traut das Rockerpaar. Auch er wird keinen Rocker dazu zwingen, seine Ledermontur vor der Kirchentür abzulegen. Er habe aber das Paar und seine Gäste gebeten, ohne Kutte in die Kirche zu kommen.  "Das Paar war im Gespräch sehr kooperativ", sagt der Theologe. Ein Musiker werde den Gottesdienst mitgestalten, aber nichts Satanistisches singen.

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Der Trauvers, den sich das Rockerpaar ausgesucht hat, stammt aus dem Hohelied des Alten Testaments. Er handelt zwar nicht von Motorrädern, aber von Liebe, Leidenschaft und Feuer: "Liebe ist stark wie der Tod und Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich. Ihre Glut ist feurig und eine Flamme des Herrn, so dass auch viele Wasser die Liebe nicht auslöschen und Ströme sie nicht ertränken können."