Als Jugendvertreter des Deutschen Bundesjugendrings und des Bundesumweltministeriums nehmen Mäckelburg und Beck an der Konferenz der Vereinten Nationen für Nachhaltige Entwicklung teil, kurz: Rio+20. Zwanzig Jahre nach der ersten großen Umwelt- und Entwicklungskonferenz 1992 treffen sich die Regierungen wieder in der brasilianischen Metropole, um über Verpflichtungen zu nachhaltiger Wirtschaft zu beraten.
"Wir sind keine Jungdiplomaten"
"Wir sind Mitglieder der deutschen Regierungsdelegation und beraten diese in Jugendfragen. Gleichzeitig sind wir aber auch Lobbyisten für die Interessen von Kindern und Jugendlichen. Wir haben also zwei Hüte auf", sagt Felix Beck (22), der in Freiburg Jura studiert und im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend (aej) sitzt. Zwar sind sie vom Umweltministerium mit ausgewählt worden, aber die Jugenddelegierten unterstehen nicht dem Minister oder gar der Bundeskanzlerin. "Wir sind keine Jungdiplomaten", sagt Beck.
Im Gegenteil: Zusammen mit allen weiteren Jugendvertretern bilden sie eine von neun Bevölkerungsgruppen, die an allen Verhandlungen teilnimmt und mitverhandelt. "Bisher haben wir es schon zwei, drei Mal mit unseren Formulierungsvorschlägen in den Verhandlungsentwurf geschafft", so Beck. Den europäischen und nordamerikanischen Jugendvertretern kommt bei den Verhandlungen noch eine weitere Sonderrolle zu: Weil die Vereinten Nationen die Jugendlichen nicht finanziell unterstützen, können nur die Vertreter der großen Industriestaaten zu den Verhandlungen im Vorfeld der großen Konferenz anreisen, die am Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York stattfinden.
Weizsäcker: "Für die Umwelt kann bei Rio+20 nichts herauskommen"
Die Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio wurde damals "Erdgipfel" genannt. Heute treffen sich die Politiker nahezu wöchentlich auf Euro-, Klima- oder Nato-Gipfeln. Spätestens aber seit der gescheiterten Klima-Konferenz in Kopenhagen im Dezember 2009 sind die Erwartungen an internationale Umweltgipfel fast auf Null gesunken. An wirkliche Erfolge glaubten die wenigstens in der Bevölkerung, hat Beck festgestellt. Hoffnungen gibt es dennoch: Globale Ziele für Nachhaltige Entwicklung könnte die Millenniumsziele ergänzen und später ersetzen.
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Außerdem soll das UN-Umweltprogramm (UNEP) zu einer eigenen Sonderorganisation, ähnlich der UNESCO oder der Weltgesundheitsorganisation (WHO), gemacht werden. Doch Felix Beck ist pessimistisch, dass dies in Rio beschlossen wird: "Die Konferenz wird wohl leider nicht das liefern, was eigentlich notwendig wäre auf dem Weg zu weltweiter nachhaltiger Entwicklung." Nicht ganz so diplomatisch formulierte es der Naturwissenschaftler und ehemalige SPD-Politiker Ernst Ulrich von Weizsäcker kürzlich bei einem Vortrag in Freiburg: "Für die Umwelt kann bei Rio+20 nichts herauskommen."
Ganz ohne die politische Bühne geht es nicht
Mit Blick auf die Ziele der Konferenz ist das auch für den Jugenddelegierten Felix Beck ernüchtert. Doch er hat gelernt, dass unter anderem die Innenpolitik der einzelnen Staaten auf die Verhandlungsführung abfärbt: "Das beste Beispiel ist die USA. Barack Obama führt Wahlkampf und da ist es einfacher, sich auf schon bestehende Beschlüsse zurückzuziehen und auf diese Weise einen Kompromiss zu erzielen." Für ein ambitioniertes Ergebnis tauge das nicht, meint Beck. Auch deshalb werden die Verhandlungstexte immer länger und eigentlich schon beschlossene Sachen werden wieder neu diskutiert. War der erste Entwurf der Rio-Erklärung noch 17 Seiten lang, umfasste er zusammen mit allen Forderungen der Staaten insgesamt 204 Seiten. Jetzt sind es immer noch 80 Seiten, die in Rio verhandelt werden.
Weit weg von der weltweiten Aufmerksamkeit während der großen Konferenz der Minister und Regierungschefs haben Beck und seine Kollegin Lena Mäckelburg die "Arbeitsebene" kennengelernt. Die 26-Jährige studiert Umweltschutztechnik und engagiert sich in der Naturschutzjugend. Neben der Uni haben sie abwechselnd an mehreren Vorverhandlungen in New York teilgenommen. Doch ganz ohne die politische Bühne geht es nicht. Weil sich nun auch viele große Umwelt- und Entwicklungsorganisationen einschalten, nimmt der öffentliche Druck zu. "Aber die Verhandlungen bei den Vereinten Nationen sind zu komplex sind für ein paar Schlagworte. Die Möglichkeiten etwas zu bewirken sind sowieso schon sehr eingeschränkt", meint Beck. Aber manchmal geht es gar nicht um Worte: Die Absage von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ihre Minister Peter Altmaier und Dirk Niebel nach Rio schickt, dürfte im sensiblen Umfeld der Verhandlungen als Dämpfer wahrgenommen werden. Beim Viertelfinale der Fußball-Europameisterschaft wird sich zeigen, welches Thema politisch das Wichtigste ist.
Wird es eine gute Geschichte werden oder einfach eine weitere Großkonferenz ohne wirkliche Veränderung? Auf der Website "Rio+20 - Jugenddelegierte für Nachhaltige Entwicklung" bloggen Mäckelburg und Beck regelmäßig aus Rio.