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Dirk Niebel und das, was wirklich wichtig ist
Entwicklungsminister Dirk Niebel hat sich für seine Privatwohnung einen Teppich in Afghanistan gekauft. Mittlerweile wird seine Shoppingtour im Krisengebiet "Teppich-Affäre" genannt. Was daran ist die Affäre und warum überhaupt? Ein Kommentar.
11.06.2012
evangelisch.de

Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) hat sich im Mai während eines Besuchs in Afghanistan einen Teppich gekauft, für 1.400 Dollar. Der Händler war extra für den Minister in die Botschaft gekommen, denn Afghanistan ist ein gefährliches Pflaster, deswegen schicken wir auch deutsche Soldaten dorthin, die den zivilen Wiederaufbau schützen sollen.

Den Teppich hat Niebel nicht verzollt und ihn zudem kostenlos transportieren lassen, von seinem Parteifreund Gerhard Schindler, dem Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND). Der reist nicht wie Minister Niebel per Linienflug, sondern allein im BND-Jet. Und da gab es zufällig noch kostenlos Platz für den 30 Kilogramm schweren Teppich.

Wieder einmal enttäuscht

Diese Sache mit dem Teppich ist nicht schön, wird möglicherweise von den meisten aber nicht als besonders tragisch bewertet. Denn es ist Realität, dass viele deutsche Urlauber Kleidung und technisches Gerät aus den USA und Asien nach Hause schmuggeln.

Das Problem: Niebel ist a) kein Urlauber, b) ein Mann, der in der Öffentlichkeit steht und c) Vorbild? Nein, das können wir gleich wieder streichen, weil eine Lieblingsbeschäftigung in unserer Gesellschaft mittlerweile Politiker-Bashing ist und wir uns alle entweder diebisch schadenfreuen oder wieder einmal von der Politiker-Kaste enttäuscht sind. Aber in jedem Fall haben wir es ja schon immer gewusst, dass die von uns Gewählten unmoralisch handeln, sobald man sie lässt.

Nachdem die Kanzlerin dem unartigen Dirk Niebel verziehen hat, ist für den Minister die Sache erledigt. Aber nicht für die Opposition, die zetert weiter. So wie zum Beispiel Grünen-Politiker Ströbele: Er will vor allem wissen, „wie und auf wessen Geheiß der BND, dessen Präsident und die Kabuler Botschaft an Beschaffung, Transport und Einfuhr des Teppichs mitwirkten und ob dabei unter Umständen Straftaten begangen wurden“.

Das eigentlich Tragische

Und die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt schon seit vergangener Woche. Gut, sie soll Recht und Ordnung einklagen. Aber für den Rest von uns sollte gelten: Kümmern wir uns um etwas, das wirklich wichtig ist.

Denn der nachverzollte Teppich und der Transport in einem sowieso zu 80 Prozent leerem Flugzeug sind nicht das Problem. Das eigentlich Tragische ist, dass von einem Besuch in Afghanistan nur ein weicher, günstig erworbener Wohlstands-Teppich bleibt, der uns womöglich den halben Sommer über beschäftigen wird – obwohl dort deutsche Soldaten sterben und noch lange nicht alles gut ist.