dpa, Foto: Tobias Hase
"Wir frotzeln uns ganz gern"
Die EM-Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein im Interview
Keine Angst vor dem Torwart-Titan: Auch bei der bevorstehenden Fußball-Europameisterschaft wird die unerschrockene Müller-Hohenstein wieder gemeinsam mit Oliver Kahn das Geschehen auf dem grünen Rasen kommentieren.

Das Moderatorenduo wird sich bei dem Turnier in Polen und der Ukraine, das am Freitag beginnt, im ZDF-EM-Studio in Heringsdorf auf Usedom mit Toren, Triumphen und Tragödien beschäftigen. Bei der Fußball-WM vor zwei Jahren lief es jedoch nicht so gut für die 46-jährige Fränkin – sie geriet unter anderem in die Kritik, weil sie in einer Moderation die Formulierung "innerer Reichsparteitag" verwendet hatte, für die sie sich später entschuldigte. Müller-Hohenstein ist geschieden, hat einen Sohn und interessiert sich auch in ihrer Freizeit für Fußball – sie gilt als leidenschaftliche Anhängerin des 1. FC Nürnberg.

Frau Müller-Hohenstein, auf Sie kommen harte Wochen zu. Während alle anderen Fans die Spiele der Fußball-EM genießen können, müssen Sie arbeiten.   

Katrin Müller-Hohenstein: Stimmt, das ist hart. Fußball arbeiten ist schließlich etwas völlig anderes als Fußball schauen. Ich muss auf der einen Seite das Spiel verfolgen und auf der anderen permanent überlegen, wie es danach weitergeht mit der Sendung – da müssen Szenen für die Nachbetrachtung aufbereitet werden und so weiter. So ein Spiel lässt sich ja nicht planen, und viele Fragen entstehen erst während des Spielverlaufs.

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Fiebern Sie trotzdem mit, wenn die Deutschen spielen?

Müller-Hohenstein: Absolut. Wenn ich mich für den Sport nicht begeistern würde, könnte ich das glaube ich auch gar nicht machen. Ich bin schon ein Fan der deutschen Nationalmannschaft.

Keine Sorge, dass dabei die journalistische Distanz flöten geht?

Müller-Hohenstein: Nein, gar nicht. Die gewisse Distanz, die es für den Job natürlich braucht, entsteht ganz automatisch, wenn ich im Arbeitsmodus bin.

"Wir haben also noch keine ehelichen Rituale entwickelt, aber wir frotzeln uns ganz gern"

Freuen Sie sich auf Ihren Co-Moderator Oliver Kahn?

Müller-Hohenstein: Aber hallo, ich freue mich jedes Mal auf den Olli Kahn.  

Sie machen das auch schon eine ganze Weile zusammen, das ist schon fast wie in einer alten Ehe, oder?

Müller-Hohenstein: Nein, nein, wir sind ja auch erst seit drei Jahren zusammen (lacht). Wir haben also noch keine ehelichen Rituale entwickelt, aber wir frotzeln uns ganz gern. Meistens kriegt er erst mal von mir eine Breitseite wegen seiner Frisur, dann krieg ich von ihm eine – und dann fangen wir an.

Er ist viel humorvoller als früher zu seiner aktiven Zeit als Spieler, oder?

Müller-Hohenstein: Vor allem hinter den Kulissen. Bei uns ist immer viel Situationskomik im Spiel. Ich habe schon den Eindruck, dass er im Vergleich zu seiner aktiven Zeit als Torwart-Titan sehr viel lockerer geworden ist. Ich glaube auch, dass er viel mehr Spaß am Leben hat – er wirkt auf mich total zufrieden und ausgeglichen. Früher konnte er sich ja so herrlich aufregen. Heute ist es so: Wenn ich schon auf der Palme sitze, dann ist er immer noch total gelassen – das ist schon erstaunlich.

"Fußball ist ein hartes Geschäft, aber das war für mich noch nie ein Thema"

Sie sind wieder die einzige Frau in den Fernsehmoderatoren-Teams von ZDF und ARD. Fühlen Sie sich zunehmend wohl in der Männerdomäne Fußball?

Müller-Hohenstein: Kann man so nicht sagen, weil ich mich da schon immer wohlgefühlt habe. Fußball ist ein hartes Geschäft, aber das war für mich noch nie ein Thema.

Gibt es unter Trainern und Spielern noch Vorbehalte gegen weibliche Fußball-Experten?

Müller-Hohenstein: Die gab es noch nie, das Thema wird eigentlich immer nur von Journalisten aufs Tablett gebracht. Ich habe noch nie, und das müssen Sie mir jetzt einfach glauben, noch nie von einem Spieler, einem Trainer oder einem Verantwortlichen auch nur ansatzweise das Gefühl vermittelt bekommen, dass es da einen Vorbehalt gibt. Von Zuschauern übrigens auch nicht. Das Thema kommt immer nur alle paar Jahre auf die Tagesordnung, wenn ich zu einem großen Turnier fahren darf. Erst kürzlich wurde ich doch allen Ernstes von einer Journalistin gefragt, ob ich die Abseitsregel erklären kann – das hat mich schon geärgert.   

Hat es Sie auch geärgert, als Sie bei der Weltmeisterschaft vor zwei Jahren in Südafrika einen verbalen Fehlpass gespielt haben und davon sprachen, dass ein deutscher Spieler sein Tor als "inneren Reichsparteitag" erlebt haben muss, wie Sie es damals formulierten?

Müller-Hohenstein: Darüber hat sich wahrscheinlich niemand so geärgert wie ich, und ich habe mich ja dann auch mehrmals dafür entschuldigt. Ich hätte das besser nicht gesagt, gar keine Frage, aber ich habe mir dabei überhaupt nichts gedacht. Wobei ich es schon erstaunlich fand, was für ein unglaublicher Shitstorm da über mich hereingebrochen ist.

"Eine gewisse Unbekümmertheit möchte ich mir bewahren, sonst könnte ich den Job nicht mehr machen"

Was haben Sie daraus gelernt?

Müller-Hohenstein: Dass man einen Lapsus nach Möglichkeit vermeiden sollte, und das wird mir in dieser Form auch sicher nie wieder passieren. Aber ganz ehrlich: Wir stehen manchmal acht Stunden live vor der Kamera, ohne Teleprompter und doppelten Boden. Ich werde trotzdem immer versuchen, eine unbefangene Moderation oder auch ein normales Gespräch abzuliefern. Dazu gehört eine gewisse Unbekümmertheit, die möchte ich mir bewahren, sonst könnte ich den Job nicht mehr machen.

Werden Sie sich in Ihren Moderationen denn auch zur politischen Lage in der Ukraine äußern – oder hat Sie das ZDF in dieser Frage zu Zurückhaltung verpflichtet?

Müller-Hohenstein: Das ZDF hat sich in dieser Angelegenheit nicht explizit geäußert, das hätte mich auch überrascht. Wir werden natürlich alle relevanten Themen besprechen, das war aber schon immer so. Natürlich übertragen wir eine Fußball-Europameisterschaft, sollte die politische Lage aber darauf einen Einfluss nehmen, werden wir das selbstverständlich nicht ignorieren. Das wird dann aber auch und vor allem von den Kollegen vor Ort übernommen, die hautnah dran sind. Wir selber sind ja während der EM mit unserer EM-Bühne auf Usedom.

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Und wer wird diesmal Europameister?

Müller-Hohenstein: Der, der Spanien im Finale schlägt, würde ich sagen.

Glauben Sie denn an die deutsche Mannschaft?

Müller-Hohenstein: Na klar glaube ich an die deutsche Mannschaft – das wäre ja noch schöner.