Grabanlage für hochadelige evangelische Gesandte am Immerwährenden Reichstag in Regensburg mit OB Gertrud Maltz-Schwarzfischer, Kulturreferent Wolfgang Dersch, Dekan Jörg Breu, Klaus-Peter Rueß sowie Pfarrerin Marjaana Marttunen.
epd-bild/Gabriele Ingenthron
Die Grabanlage wird umfassend restauriert. Historiker Martin Weindl (links) erläutert die Maßnahmen. Von links: OB Gertrud Maltz-Schwarzfischer, Kulturreferent Wolfgang Dersch, Dekan Jörg Breu, Klaus-Peter Rueß sowie Pfarrerin Marjaana Marttunen.
Regensburger Dreieinigkeitskirche
Befreit von Spuren der Verwitterung
Nach der Sanierung erstrahlen die 20 barocken Wandgrabmale der einstigen Gesandten Regensburgs wieder in alter Schönheit. Schmutz und Dreck, die sich über Jahrhunderte an den einzigartigen Epitaphien festgesetzt hatten, wurden entfernt.

Dekanats-Fundraiser Martin Weindl verglich die barocke Grabanlage an der Regensburger Dreieinigkeitskirche mit einer "alten Dame, der eine Schönheitsmaske aufgelegt" worden sei - ohne sie einer Schönheitsoperation zu unterziehen: Fehlende Spitzen, Flügel, Engel wurden nicht ersetzt. "Das unwiederbringlich Verlorene wurde künstlerisch nicht neu geschaffen", sagte er. Der Fragmentzustand sei vielmehr erhalten geblieben, "in einer unglaublichen Qualität".

Die national bedeutende Grabanlage für hochadelige evangelische Gesandte am Immerwährenden Reichstag in Regensburg (1663-1805) wird seit zwei Jahren erstmals umfassend restauriert - in vier Bauabschnitten. Die Sanierung der 20 Wandgrabmale ist nun abgeschlossen. Zur Halbzeit der Bauarbeiten besichtigten Vertreter von Stadt und Kirche den Fortschritt des im Mai 2024 zum "Document" erhobenen einzigartigen Denkmals. Als städtisches "Document" werden authentische Orte bezeichnet, die im Rahmen von Führungen öffentlich zugänglich sind und unterschiedliche Aspekte aus dem UNESCO-Welterbe Regensburg erläutern sollen. Bis Ende 2026 soll der Gesandtenfriedhof komplett saniert sein.

Die prunkvollen Denkmäler, die sich nur die reichsten und mächtigsten Gesandten leisten konnten, sind verziert mit Engeln und Wappen aus Kalkstein und Alabaster. Die Inschriften darunter erzählen ihre Lebens- und Liebesgeschichten.

Grabmal Anton Schott  (1636 in Colmar - 1684 in Regensburg) war ein deutscher Politiker und Gesandter am Reichstag in Regensburg.

Die Denkmalpfleger versuchten, den "Eindruck eines Neuzustands" zu vermeiden, erläuterte Weindl, sodass zum Beispiel auch die zahlreichen Inschriften nicht wieder vergoldet wurden, wie es ursprünglich wohl der Fall war. Lediglich Retuschen seien vorgenommen worden, um die Lesbarkeit zu erhalten.
"Zum Glück" seien die Inschriften im evangelischen Archiv dokumentiert gewesen, sagte Klaus-Peter Rueß. Andernfalls hätte man sie kaum noch entziffern können. Rueß war in Regensburg einer der Ersten, der die Bedeutung des Gesandtenfriedhofs als Nekropole europäischen Rangs erkannte und sich für dessen Erhalt und angemessene Würdigung einsetzte.

Schlimmeres Bröckeln und Bröseln verhindert

Vieles sei vor der Restaurierung "ein grauer Brei" gewesen, schilderte Weindl. Dass die Grabmale durch Umwelteinflüsse nicht noch stärker beschädigt waren, sei auch den Steinarten zu verdanken. Während Grünsandstein am anfälligsten ist, zeige der weiße Kalkstein oder der Rot-Marmor mehr Härte gegen die Verwitterung. Auch die Schutzdächer, die im 19. Jahrhundert angebracht und nun auch restauriert wurden, hätten ein schlimmeres Bröckeln und Bröseln verhindert.

Bislang kam diese Seite der Regensburger Stadtgeschichte kaum zur Geltung. Anhand der Grabmäler sollen künftig die Geschichten der evangelischen Gesandten erzählt werden, die auf dem Immerwährenden Reichstag tätig waren, sagte Weindl. "Wirklich lebendig wird die historische Reichsversammlung nur durch die Menschen, die in der Stadt lebten und dort begraben sind." Regensburg wurde 250 Jahre lang von europäischen Gesandten geprägt. Sie kamen aus England, Dänemark, Schweden, den Niederlanden und Russland.

Das Leben, das durch den Reichstag nach Regensburg kam, "ist vielleicht noch zu wenig sichtbar, präsent oder nachvollziehbar", sagte Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer, aber ein "wichtiger Teil der Stadtgeschichte". Deshalb wolle die Welterbestadt ihrer Verantwortung gerecht werden, indem sie die Kirchengemeinde von den Unterhaltslasten für einen Friedhof befreit, der nie der Kirchengemeinde, sondern reichsstädtischer Repräsentation gedient habe.
Kulturreferent Wolfgang Dersch betonte, dass die wundervollen Epitaphien auf städtischem Grund stünden. "Es ist uns wichtig, diesen Ort zusammen mit der evangelischen Kirche zu restaurieren und als Begegnungsort auch wieder sichtbar zu machen."

Ab Herbst 2025 beginnen die Bauabschnitte drei und vier mit der Sanierung der 38 großen Grabplatten über den im Boden vergrabenen Gruftkammern. 45 evangelische Gesandte aus elf norddeutschen Territorien und Reichsstädten sowie 17 europäische Botschafter sind dort begraben. In den Familiengrüften wurden häufig auch die Ehefrauen und Kinder der Gesandten bestattet. Mit der Eröffnung des "Documents" wird dann ab 2027 gerechnet.