Bundesregierung beschließt Wohnungslosenbericht
Diakonie: Gute Grundlage für kommende Regierung
Aus dem Wohnungslosenbericht der Bundesregierung geht hervor, dass mehr als eine halbe Million Menschen in Deutschland ohne festen Wohnsitz leben. Das ist kein rein städtisches Problem. Verbände fordern mehr Hilfen für die Betroffene.

Berlin (epd). In Deutschland leben derzeit rund 531.600 Menschen ohne festen Wohnsitz, darunter etwa 47.300 Personen, die auf der Straße oder in Behelfsunterkünften übernachten. Das geht aus dem zweiten Wohnungslosenbericht der Bundesregierung hervor, den das Kabinett am Mittwoch beschlossen hat. Verbände fordern schnelle und verbindliche Hilfen für Betroffene.

Insgesamt spricht die Bundesregierung von einem Anstieg der Wohnungslosenzahlen im Vergleich zum ersten Bericht 2022. Sie wies aber unter anderem darauf hin, dass „zu Beginn von einer Untererfassung auszugehen ist, die nach und nach ausgeglichen wird“.

Dem Bericht zufolge waren Ende Januar/Anfang Februar 2024 etwa 439.500 Menschen in Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe untergebracht. Zusätzliche rund 60.400 Personen kamen vorübergehend bei Angehörigen, Freunden oder Bekannten unter und gelten als verdeckt wohnungslos. Etwa 47.300 Menschen lebten ohne feste Unterkunft auf der Straße oder in Behelfsunterkünften.

Die Mehrheit von der Wohnungslosen, etwa 41 Prozent, lebt in kleineren bis mittelgroßen Gemeinden mit bis zu 100.000 Einwohnern. „Der Bericht zeigt, dass die Obdach- und Wohnungslosigkeit in Deutschland unterschiedliche Formen und Ursachen hat und bei weitem kein rein städtisches Problem darstellt“, sagte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD).

Es ist erklärtes Ziel der Bundesregierung, die Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis zum Jahr 2030 in Deutschland zu überwinden. Mit dem im April 2024 beschlossenen Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit habe der Bund in Zusammenarbeit mit Ländern, Kommunen und der Zivilgesellschaft den Weg geebnet, die Herausforderung der Bekämpfung der Obdachlosigkeit langfristig anzugehen, erklärte Geywitz.

Eine neue Kompetenzstelle beim Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) arbeite derzeit an Maßnahmen wie verbesserten Standards für Frauen und Kinder in Obdachlosenunterkünften. Zudem investiert der Bund Geywitz zufolge bis 2028 mehr als 20 Milliarden Euro in den sozialen Wohnungsbau.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe drang vor dem Hintergrund der Veröffentlichung des Berichts auf wirkungsvolle Maßnahmen, um die Situation von betroffenen Menschen zu verbessern. „Es braucht ausreichend bezahlbaren und bedarfsgerechten Wohnraum, wirkungsvolle Maßnahmen zum Schutz vor Wohnungsverlusten und die Sicherung der Hilfen in Wohnungsnotfällen“, sagte Sabine Bösing, Geschäftsführerin des Verbands.

Die Diakonie Deutschland sieht den Aktionsplan der Bundesregierung als eine gute Grundlage für die kommende Regierung. Dieser Plan müsse aber mit konkreten Maßnahmen wie mehr bezahlbarem Wohnungsbau für Wohnungslose und dem Abbau von Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt gefüllt werden, sagte Bundesvorständin Sozialpolitik, Elke Ronneberger: „Ein Plan allein bringt noch niemandem einen Mietvertrag.“

Für den Evangelischen Bundesfachverband Existenzsicherung und Teilhabe forderte dessen Vorsitzender Jens Rannenberg, den eingeschlagenen Weg der Bundesregierung zu beschleunigen. „Wohnungslose Menschen müssen einen deutlich besseren Zugang zu Wohnraum bekommen. Zudem muss die Prävention vor Wohnungsverlust gestärkt werden.“

Claudia Engelmann vom Deutschen Institut für Menschenrechte nannte es „inakzeptabel, dass mit rund 531.600 Personen mehr Menschen denn je - darunter viele Kinder - wohnungslos sind“. Die Expertin des Instituts für das Recht auf Wohnen setzte sich für wirksame Maßnahmen wie eine Mietpreisregulierung und eine Stärkung des Mietrechts ein. Bund und Länder müssten deutlich mehr als bisher in den sozialen Wohnungsbau investiert werden, verlangte sie.