Kate, Prinzessin von Wales, und Prinz William, Prince of Wales, applaudieren beim Royal British Legion Festival of Remembrance in der Royal Albert Hall.
Chris J. Ratcliffe/Pool Reuters/dpa
Die Mohnblume (engl. Poppy) ist ein Symbol, mit dem Briten - wie auch Prinzessin Kate und Prinz William - an die Opfer der beiden Weltkriege gedenken.
Erinnerungskultur in Großbritannien
Mit Mohnblumen der Kriegsopfer gedenken
Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg, ein Ereignis, das in Großbritannien tief in der kollektiven Erinnerung verankert ist. Großbritannien zählte damals zu den Siegermächten, hatte jedoch hohe Verluste zu beklagen: zahllose gefallene Soldaten und zerstörte Städte. Sarah Neder, Redakteurin bei evangelisch.de, lebt und arbeitet in Manchester. Sie hat beobachtet, wie dort an das Kriegsende und die Verstorbenen erinnert wird – und welche Rolle rote Mohnblumen dabei spielen.

Meine erste Begegnung mit den roten Mohnblumen-Pins liegt lange zurück. Ich war etwa 15 Jahre alt und besuchte mit meiner Mutter London. Es muss Anfang November gewesen sein. Überall fielen mir diese roten Blüten auf: Sie schmückten Tweed-Revers, Hutkrempen, Mützen, Handtaschen, Schals und Krawatten. Obwohl ich damals nicht wusste, was sie bedeuteten, war mir klar, dass sie eine tiefere Symbolik hatten.

Ein Straßenstand irgendwo auf dem Fußweg zwischen Westminster und Camden gab schließlich Aufschluss: Der sogenannte Remembrance Poppy ist ein Zeichen des Gedenkens an die gefallenen Soldaten und Zivilisten der beiden Weltkriege. Es gibt die Mohnblume aus Papier, Stoff oder Metall und wer eine kauft, unterstützt damit Hilfsaktionen der Royal British Legion.

Ich lebe mittlerweile seit sieben Jahren in Großbritannien und habe seitdem etwas mehr über die Tradition des Remembrance Day gelernt, der jedes Jahr am 11. November begangen wird. Die roten Mohnblumen sind dabei allgegenwärtig: nicht nur als Anstecker, sondern auch in Form von Kränzen, die an Gedenkstätten niedergelegt werden, auf den Anzeigen von Stadtbussen und auf Plakaten. Die zentrale Veranstaltung des Rememberance Days ist eine große Parade, unter anderem durch das Stadtzentrum von Manchester, bei der Veteranen, Soldaten und Organisationen der Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, innezuhalten und der Toten zu gedenken.

Aber wieso roter Mohn? Die Blume soll auf den verwilderten Schlachtfeldern Flanderns gewachsen sein und wurde durch das Gedicht "In Flanders Fields" des kanadischen Dichters John McCrae bekannt. Ihre rote Farbe symbolisiert das vergossene Blut der Gefallenen, und dient als Mahnung an die Schrecken des Krieges und die Hoffnung auf Frieden.

Auch Kritik an Mohn-Symbolik

Trotz der Popularität der roten Mohnblumen habe ich auch kritische Stimmen zu der Symbolik gehört. Manche Vertreter:innen aus dem linken Gesellschaftsspektrum werfen der Tradition vor, militaristisch oder patriotisch verklärt zu sein. Andere problematisieren die fehlende Einbeziehung von Opfern anderer Nationen. Um diesen Kontroversen gerecht zu werden, gibt es mittlerweile auch Mohnblumen in verschiedenen Farben: Während das Rot für die britischen Soldaten und Zivilisten steht, symbolisiert Weiß den Pazifismus, und Schwarz erinnert an die Beiträge von Commonwealth-Ländern, insbesondere aus Afrika und der Karibik.

Neben dem Remembrance Day spielt der sogenannte Victory in Europe Day (VE-Day) eine wichtige Rolle im britischen Gedenken an den Zweiten Weltkrieg. Er markiert den 8. Mai 1945, den Tag der Kapitulation der deutschen Wehrmacht und das offizielle Ende des Krieges in Europa. Der VE-Day wird mit Straßenfesten, Gedenkveranstaltungen und Schweigeminuten begangen. In diesem Jahr - zum 80. Jubiläum des Kriegsendes - hatte die britische Regierung sogar für den 8. Mai einen zusätzlichen nationalen Feiertag vorgeschlagen. Die Pläne wurde jedoch wieder verworfen. Stattdessen sollen nach Angaben der BBC nun jedoch die Feierlichkeiten auf den bereits bestehenden "Bank Holiday Monday" am 5. Mai vorgezogen werden.

Die Church of England organisiert an diesem Tag landesweit Gottesdienste und Gedenkfeiern in den Kathedralen und Kirchen, um der Opfer des Krieges zu gedenken und den Frieden zu feiern. 

Eine der Kathedralen, die am schlimmsten von dem deutschen Bombenhagel im Zweiten Weltkrieg betroffen war, ist die Manchester Cathedral. Zwei Tage vor Weihnachten 1940, während des sogenannten "Manchester Blitz" explodierte an der nordöstlichen Ecke des Gebäudes eine Landmine, die nicht nur zwei Kapellen dem Boden gleichmachte, sondern auch alle Fenster der Kathedrale zerspringen ließ. Heute erinnert ein rot-orange leuchtendes "Feuerfenster" der Künstlerin Margaret Traherne auf der Ostseite des Baus an die zerstörerischen Bombennächte von 1940.