Syrer Anwar Sabbagh
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Nach Assad
Syrien: Das wünsche ich mir für mein Land
Wie sieht Syriens Zukunft nach Assads Sturz aus? Der Syrer Anwar Sabbagh über Zukunftshoffnungen und eine mögliche Rückkehr nach Syrien.

Anwar Sabbagh kam 2015 als minderjähriger Flüchtling vor dem Assad-Regime über das Mittelmeer und die Balkan-Route nach Deutschland. Zehn Jahre später besitzt er die deutsche Staatsbürgerschaft und arbeitet als Bauleiter am Frankfurter Flughafen. Mit ihm hat Christian Spangenberg von Indeon über seine Gefühle und Hoffnungen für sein Heimatland und eine mögliche Rückkehr nach Syrien gesprochen.

Indeon: Anwar, wie fühlst du dich als Syrer in der aktuellen Situation?

Anwar Sabbagh: Ich fühle gerade die Belohnung der letzten Jahre, die wir immer mit Schwierigkeiten erlebt haben – mit Schmerzen und Gefühlen, die keiner beschreiben kann. Das ist diese Unterdrückung, in der man sich machtlos und heimatlos fühlte.

Du kommst aus Aleppo und hast das Land unter Assads Diktatur 2015 verlassen. Wenn sich das nun wie ein Neuanfang für deine Heimat anfühlt: Was wünschst du dir für Syrien?  

Sabbagh: Wir hatten in den letzten zwölf Jahren Krieg, Aufstände und Proteste gegen Assad. Mein Wunsch ist es, dass wir nach ihm eine neue Regierung bilden können, ohne Macht für diese extremistischen Gruppen, die in unserem Land sind.

Wie sollte sich dein Heimatland nun deiner Meinung nach entwickeln?

Sabbagh: Das eigentliche Ziel der Angriffe der vergangenen zwei Wochen war es, dass innerhalb Syriens geflüchtete Menschen zurückkehren und normal leben können. Ebenso, die Syrerinnen und Syrer, die im Ausland leben, also in der Türkei, im Libanon oder auch in den europäischen Ländern.

Sie haben meist auch das Ziel in ihr eigenes Land zurückkommen und dort die Freiheit zu haben, wählen zu dürfen und alles sagen zu dürfen, ohne dass sie verhaftet oder gefoltert werden. Die Voraussetzung dafür ist aber, dass eine stabile Regierung an die Macht kommt.

Da wäre dann eine Demokratie die richtige Wahl?

Sabbagh: Auf jeden Fall. Allerdings haben wir das Problem, dass das Assad-Regime uns über 50 Jahre mit Gewalt, Drohungen und Folter regiert hat. Die jahrelange Diktatur hat bei vielen Menschen extremistische Haltungen geprägt. Es wird auch weiterhin Leute geben, die Assad befürworten. Diese dürfen wir nicht als Feinde sehen, sondern als normale Syrer, die mit uns leben aber eine andere Meinung haben.

Einige Politiker:innen schießen nun mit Forderungen nach schnellen "Rückführplänen" nach vorne. Zum Beispiel Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Was ist deine erste Reaktion, wenn du das liest?

Sabbagh: Das ist nicht nur das Ziel von vielen Politikern wie Söder, sondern auch von vielen syrischen Flüchtlingen hier. Viele wollen zurück in ihr Heimatland. Bedeutend ist aber zuerst, dass wir bei einer neuen Verfassung unterstützt werden. 

Auch wenn Assad weg ist, haben wir in Syrien noch andere extremistische Gruppen, die ihre eigene Fläche beanspruchen, um laut eigenen Aussagen Minderheiten zu schützen. Sobald das Land dann stabil ist, gibt es viele, die sich wünschen, in ihrem eigenen und dann hoffentlich freien Land zu leben.

Du bist mittlerweile 26 und stehst mit einer abgeschlossen Ausbildung in Deutschland mitten im Leben. Kannst du dir  auch vorstellen nach Syrien zurückzukehren?

Sabbagh: Ich bin in diesem Jahr eingebürgert worden. Deutschland ist für mich jetzt auch meine Heimat. Dennoch würde ich gerne in Syrien meinen Beitrag leisten, um das Land wieder aufzubauen. Aktuell bin ich aber noch unentschieden, weil Syrien noch nicht stabil ist. Das sind keine Entscheidungen, die man von heute auf morgen treffen kann.

evangelisch.de dankt Indeon für die inhaltliche Kooperation.