Jeffrey Myers und Lars Reimann
Christian Spangenberg
Jeffrey Myers war Pfarrer in Frankfurt für die EKHN, Pastor Lars Reimann (rechts) ist seit zwei Jahren Pastor der deutschen St. Pauls Gemeinde in New York.
US-Präsidentschaftswahl
Trump oder Harris: Wer gewinnt US-Wahl?
Wer gewinnt die US-Präsidentschaftswahl: Harris oder Trump? Das denken Deutsche in den USA und US-Amerikaner in Deutschland.

Eine Reise in die USA nach New York. Im Oktober habe ich mir diesen Traum erfüllt und bin für eine Woche in die Stadt, die niemals schläft, gereist. Als Politik-Nerd war mir dabei klar: Ein Besuch in den USA so kurz vor der Präsidentschafts-Wahl ist die perfekte Gelegenheit, um die Stimmung vor der Entscheidung einzufangen. 

Ich habe mich gefragt, wie schauen Deutsche in den USA und US-Amerikaner in Deutschland jeweils auf die Wahl? Eine Wahl, bei der die Themen Glaube und Religion mit im Fokus stehen. In New York treffe ich mich dazu mit Pastor Lars Reimann. Seit zwei Jahren ist er Pastor der deutschen St. Pauls Gemeinde, deren Kirche, wie für die Stadt typisch, idyllisch mitten im Stadtbild zwischen Wohnhäusern liegt.

Im Gespräch mit Reimann wird schnell klar: Politik soll in der Gemeinde keine große Rolle spielen. "Als Pastor einer deutschen Gemeinde in Amerika bin ich zutiefst unpolitisch", sagt er. Privat habe er natürlich eine Meinung, aber als Gemeinde hätten sie keine politische Meinung, sagt der Pastor. Denn: Die Wahl und die Politik in Washington  seien amerikanische Angelegenheiten. Und die deutsche Gemeinde sei nur zu Gast.

Reimann ist überzeugt, "es ist eine respektvolle Haltung, nicht Politik zu machen." Die Hauptaufgabe einer deutschen Auslandsgemeinde sei es, "Menschen anzubieten, dass sie in ihrer Sprache beten und Gottesdienste feiern können."

Über den Wahlkampf wird nicht gesprochen

Das halte ich für schlüssig, frage mich aber, ob Politik wirklich zu keiner Zeit unter den Gemeindemitgliedern ein Gesprächsthema ist. Reimann erzählt: "Am Ende eines Treffens in der Gemeinde haben wir gebetet und einer hat gesagt, dass wir für gute Personen in der Politik, in der Stadt, im Staat und im Land beten können. Wir beten also für alle Politiker, aber wir fangen nicht an, darüber zu reden, ob Kamala oder Donald geeigneter ist oder was deren Werte sind."

Zurück in Deutschland wundere ich mich darüber, wie eine Gemeinde IN Amerika ohne Stellung zu beziehen einen Wahlkampf beobachten kann, über den gefühlt die ganze Welt diskutiert? Einen Wahlkampf, in dem die Themen Glaube und Religion eine wichtige Rolle einnehmen. Ich verabrede mich, wieder zu Hause in Frankfurt, mit den beiden US-Amerikanern Jeffrey Myers und Robert Colvin. Beide leben schon längere Zeit in Deutschland. Myers war Pfarrer in Frankfurt für die EKHN, Colvin ist Mitglied im "church council" der Trinity Lutheran Church in Frankfurt.

Glaube spielt wichtige Rolle im US-Wahlkampf

"Anders als in Europa üblich, ist es vielen von uns Amerikanern wichtig, dass die Kandidaten, etwas zu ihrem Glauben sagen", erklärt Myers. Dabei gehe es nicht nur um Kirchenmitgliedschaft, es sei ebenso wichtig, zu erfahren, dass sie ihre moralischen Vorstellungen auf einen Glauben an Gott aufbauen. Dazu zähle aber nicht, Glaube und Religion für sich auszunutzen, wie Trump es aktuell mache, findet der US-Amerikaner, der auch Teil der "Democrats Abroad" ist. 

"Ich würde in Kalifornien gewinnen, wenn Jesus herunterkommen und die Stimmen auszählen würde." Das hat Donald Trump, der republikanische Präsidentschaftskandidat im Wahlkampf behauptet. Kalifornien ist seit Jahrzehnten in demokratischer Hand. Mittlerweile verkauft der ehemalige Präsident sogar eine eigene Version der Bibel für satte 60 US-Dollar. Mit Signatur des Ex-Präsidenten sogar für Eintausend. Darin ein Bild des versuchten Attentats auf ihn im Juli. Unter dem Bild in der Trump-Bibel steht der Spruch: "The day god intervened". Das heißt so viel wie: "Der Tag, an dem Gott eingriff."

Einfluss der Mega-Churches

Colvin findet es wichtig, nicht alle der mehr als 240 Millionen amerikanischen Christen über einen Kamm zu scheren. Besonders die evangelikalen"Mega-Churches" bereiten ihm Sorgen: "Diese Kirchen missbrauchen die Religion, nur um ihre extremen politischen Positionen zu rechtfertigen, so wie Trump." Das beschäftige ihn ziemlich, er könne aber natürlich nichts dagegen tun.

In seiner Kirche, der Trinity Lutheran Church in Frankfurt, die "lange nicht so liberal ist, wie die EKHN", spreche Robert Colvin nicht über Politik. "Da sind Menschen, die meine persönliche Meinung nicht teilen", erklärt er. Insgesamt sei es schwieriger geworden über Politik zu sprechen, auch wenn eine knappe Mehrheit seiner Gemeinde, nach Ansicht Colvins, für Harris stimmen werde "Früher war das kein Problem, über Politik zu reden, auch wenn man von verschiedenen Parteien war." Heute werde das Thema Politik in vielen Bereichen und bei Diskussionen in amerikanischen Familien außen vorgelassen.

Briefwahl könnte den Unterschied machen

Hoffnung im turbulenten Rennen um das Weiße Haus schöpft Jeffrey Myers von den im Ausland lebenden US-Amerikanern. "Alle sprechen von den Swing States, aber diesmal können wir Amerikaner im Ausland einen Unterschied machen", erklärt Myers, der seine Stimme im Swing-State Pennsylvania schon per Briefwahl abgeschickt hat. "Viele von uns hatten das Privileg einer guten Bildung, haben eine andere Perspektive auf die USA und wählen so eher Mitte bzw. links der Mitte." In Deutschland waren bei der Wahl 2020 nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes rund 141.000 Amerikaner wahlberechtigt.

Damals trennten Biden und Trump in Staaten wie Georgia und Arizona gerade einmal gut 14.000 Stimmen. Deswegen ist es, umso wichtiger zu sagen "Jede Stimme zählt!", findet Myers. Und wenn Harris doch nicht die Wahl gewinnt? Angesprochen auf einen möglichen Trump-Sieg haben die beiden US-Amerikaner unterschiedliche Ansichten. Robert Colvin erklärt: "Die MAGA-Bewegung (Anm. d. Red: Make America Great Again) und Trump haben die USA so stark geteilt und die Debatte vergiftet. Ich kann mir auf lange Sicht nicht vorstellen, dass wir als Land wieder zusammengekommen."

Schon jetzt aufeinander zugehen

Jeffrey Myers schaut etwas zuversichtlicher auf eine mögliche Wahl Donald Trumps. "Wir haben Trump schon einmal vier Jahre erlebt. Wir kommen da auch hoffentlich noch einmal durch." In den deutschen Medien werde die Lage zudem oft dramatisch dargestellt. Dabei sei die Demokratie gerade in den USA weit gesät. "In den Staaten und Kommunen gibt es weiterhin kompetente Menschen, was auch immer sich im Weißen Haus abspielt", sagt er.

"Der Gewinner hat am Ende maximal die Hälfte des Landes auf seiner Seite und die andere vehement gegen sich", befürchtet Myers. Er wünscht sich, dass "gerade Kamala Harris auf ihre Gegner zugeht und Kompromisse vorschlägt." Bisher hätte die hätten die meisten Politiker von Demokraten und Republikanern darin versagt, sich die Hände zu reichen und gemäßigtere Positionen einzunehmen.

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