Alt-Bischof Franz Kamphaus
epd-bild / Bistum Limburg
Alt-Bischof Franz Kamphaus auf einem Foto vom 23.04.2016. Er entschuldigte sich im Missbrauchsskandal bei den Opfern für die Versetzung eines übergriffig gewordenen Priesters.
Alt-Bischof Kamphaus ist tot
Kamphaus war Menschenfreund und Sturkopf
Fast 25 Jahre lang leitete Bischof Franz Kamphaus die Diözese Limburg. Sein Eintreten für Arme, Flüchtlinge und Frauen in Schwangerschaftskonflikten nahm die Menschen für ihn ein. Am Montag ist er gestorben.

Bescheiden und freundlich - so erlebten viele Gläubige ihren Limburger Bischof Franz Kamphaus, als er Anfang der 1980er dort antrat. Der Theologe konnte aber auch stur für seine Überzeugungen eintreten. Bis zuletzt lebte Kamphaus seit seiner Emeritierung 2007 im St. Vincenzstift in Rüdesheim-Aulhausen mit geistig und körperlich behinderten Menschen zusammen. Er verstand sich als ihr Mitbewohner und Seelsorger, und sie liebten ihn dafür. Am Montag ist Kamphausen im Alter von 92 Jahren gestorben.

Trotz eines Tremors, der seine Hände und Stimme zittern ließ, hielt der Altbischof in Aulhausen auch im hohen Alter noch regelmäßig Gottesdienste und schrieb. 2014 erschien ein Lesebuch zum Glauben "Mach's wie Gott, werde Mensch", 2018 ein Buch über die Bergpredigt "Wenn der Glauben konkret wird". Der sprachgewandte Kamphaus war ein begabter Ausleger der Bibel: Zwischen 2016 und 2023 erschienen drei Bände mit Kommentaren zum Matthäus-, Markus- und Lukas-Evangelium als Lesebücher für jedermann: Als Letztes erschien 2023 "Der Unbekannte aus Nazaret. Inspirationen zum Markus-Jahr".

Kamphaus wird 1932 im münsterländischen Lüdinghausen geboren. Dort wächst er auf einem großen Bauernhof auf. Als der Krieg kommt, schicken die Eltern ihr fünftes Kind lieber ins abgelegene Sauerland. Das städtische Gymnasium in Attendorn wird von einem strammen Nazi geleitet. In einem Brief an seine Mutter berichtet Kamphaus, wie ihn der Schulleiter im militärischen Ton nach seinem Berufswunsch fragt. "Ich werde Pastor", sagt Kamphaus. Der Direktor ist außer sich: "Du bist ja verrückt!" Der junge Franz beharrt: "Ich werde Pastor."

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, würdigt den verstorbenen früheren Limburger Bischof Franz Kamphaus als charismatischen Prediger, frommen Priester und engagierten Bischof. "Bischof Kamphaus hat überall im Bistum große Spuren hinterlassen, denen ich sehr oft begegne und die mich staunen lassen. Sie zeugen von einer theologischen Tiefe, von Klugheit, einem tiefen Glauben und einer großen Menschenfreundlichkeit", sagt der Limburger Bischof Bätzing zum Tod seines Amtsvorgängers am Montag laut Mitteilung der Bischofskonferenz.

Inklusiver Gottesdienst in der Marienkirche am 13.04.2024 mit  Franz Kamphaus (links) neben Georg Bätzing, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz.

Kamphaus wird zunächst Priester, dann Professor für Pastoraltheologie und Predigtlehre, schließlich Leiter des Priesterseminars im Bistum Münster. Er vertritt die Auffassung, dass Amtsträger der Kirche sich kritisch vom Evangelium befragen lassen müssen. So sagt er 1969 anlässlich der Bischofsweihe des Bischofs von Münster, Heinrich Tenhumberg (1915-1979): "Die Kirche ist weder der Mittelpunkt des Heils, noch darf sie sich mit der Herrschaft Gottes gleichsetzen." Als "Stimme des Rufers" habe sie nicht sich, sondern Gott zu Gehör zu bringen.

1982 wird Franz Kamphaus von Papst Johannes Paul II. zum Bischof von Limburg ernannt. Er stellt sein Amt unter den Wahlspruch "Den Armen das Evangelium verkünden" und tritt bescheiden auf. Er überlässt das bischöfliche Palais einer tamilischen Flüchtlingsfamilie, zieht ins Priesterseminar und verzichtet aufs Bischofsgehalt. In sein Arbeitszimmer hängt er ein Bild von Reformpapst Johannes XXIII. (1881-1963), der mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil die katholische Kirche für die Moderne öffnete.

Kamphaus stellt sich Gegen Johannes Paul II.

"Die Kirche hat einen langen Atem, deswegen macht sie auch nicht jeden modischen Krampf mit. Aber manchmal möchte man ihr auch zurufen: Jetzt geht's aber los, jetzt wird's Zeit!", drängelt er. Bundesweit bekannt wird Kamphaus 1999 durch seine Position in der Frage der Schwangerschaftskonfliktberatung, bei der er sich zeitweise gegen Papst Johannes Paul II. stellt und eine vorübergehende Sonderregelung für sein Bistum erreicht.

Als Sturkopf zeigt er sich auch 2006. Weil es katholischen Priestern laut Kirchenrecht verboten ist, öffentliche Ämter anzunehmen, tadelt er den Wiesbadener Stadtdekan Ernst-Ewald Roth wegen Ungehorsams und suspendiert ihn von allen seelsorgerischen Aufgaben. Zuvor hatte die SPD Roth als Kandidaten für das Amt des Wiesbadener Oberbürgermeisters aufgestellt.

Nach seiner Emeritierung 2007 wird es ruhig um Kamphaus. Zu tagesaktuellen Fragen, etwa zu seinem dem Pomp zuneigenden Nachfolger Franz-Peter Tebartz-van Elst, äußert er sich nicht. Bis ihn 2019 der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche einholt. Kamphaus bezeichnet den Einsatz eines sexuell übergriffig gewordenen Priesters in der Seelsorge und dessen anschließende Versetzung in ein anderes Bistum als Fehler: "Ich habe schwere Schuld auf mich geladen. Dafür bitte ich in aller Form um Verzeihung."