Jugendliche beim Beten mit Bibel
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Nur noch 18 Prozent der christlichen Jugendlichen beten mindestens einmal in der Woche.
Shell-Jugendstudie 2024
Weniger Jugendliche glauben an Gott
Vor allem für junge Menschen, die der römisch-katholischen Kirche angehören, hat der Glaube an Gott in den letzten 20 Jahren kontinuierlich an Bedeutung verloren. Das betrifft auch evangelische ugendliche. Auch das Gebet findet seltener statt. Für muslimische Jugendliche bleibt Glauben relevant.

Während 2002 knapp über die Hälfte der jungen Menschen, die der römisch-katholischen Kirche angehören, angaben, dass ihnen dieser wichtig sei, sind es inzwischen nur noch 38 Prozent. Bei evangelischen Jugendlichen verläuft es ähnlich, allerdings war hier der Anteil derer, denen der Glaube an Gott wichtig war, schon damals kleiner. Bei muslimischen Jugendlichen ist die Relevanz des Gottesglaubens hingegen deutlich höher und auch im Zeitverlauf mit Schwankungen auf hohem Niveau stabil (72% zu 79%).

Auch im Alltag spielt der Glauben eine untergeordnete Rolle. Von allen 12- bis 25-Jährigen beten 18 Prozent mindestens einmal in der Woche, 31 Prozent seltener und 49 Prozent beten laut eigener Aussage nie. Gerade letztere Gruppe belief sich im Jahr 2002 auf nur 29Prozent. Das geht aus der Shell-Jugendstudie 2024 hervor.

Bei den Angehörigen beider großer Konfessionen zeigen sich im Zeitverlauf sehr ähnliche Muster – allerdings auf leicht unterschiedlichem Niveau. Muslimische Jugendliche hingegen sind nicht nur besonders "glaubensfest", sie integrieren ihren Glauben offensichtlich auch deutlich stärker in ihren Alltag. Über 37 Prozent der jungen Muslime beten ein oder mehrmals am Tag (das regelmäßige Gebet ist eine der fünf Säulen des Islam), weitere 26 Prozent zumindest ein oder mehrmals in der Woche. Nur eine Minderheit von 13 Prozent betet nach eigener Auskunft nie.

Mit Blick auf die weltlicheren Themen zeigt sich, dass die Jugendlichen sich für Politik interessieren. Sie haben ein geringes Vertrauen in die Parteien, aber ein hohes in die Demokratie. Jugendliche in Deutschland blicken trotz Ängsten vor einem möglichen Krieg und Sorgen vor einer Wirtschaftskrise überwiegend optimistisch in die Zukunft. Das ist die zentrale Aussage der aktuellen Shell-Jugendstudie, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. 

Angst vor Krieg und Armut

Mehr als 80 Prozent der Befragten haben Angst vor einem Krieg in Europa. Ein ebenfalls großer Teil sorgt sich um die wirtschaftliche Lage und eine möglicherweise steigende Armut. Die Angst vor Arbeitslosigkeit oder davor, keinen Ausbildungsplatz zu finden, wird dagegen immer geringer. Nur noch etwa ein Drittel teilt diese Sorgen. Das sei ein historischer Tiefstand, hieß es.
Rund drei Viertel der Jugendlichen gaben an, dass sie mit der Demokratie zufrieden sind. Der entsprechende Wert liegt in den ostdeutschen Bundesländern bei 60 Prozent, in den westdeutschen bei 77 Prozent.

Zwischen dem Erscheinen der vorangehenden Studie 2019 und der diesjährigen stieg der Anteil der jungen Menschen, die sich für Politik interessieren, von 41 auf 51 Prozent. Jeder vierte junge Mann bezeichnete sich als eher rechts oder rechts. 2019 war es noch jeder Fünfte.

Rund zwölf Prozent der Jugendlichen sind der Studie zufolge verdrossen. Daneben gebe es einen erheblichen Anteil kritischer und unzufriedener Jugendlicher. Diese seien offen für Populismus und sind kritisch gegenüber Staat und Gesellschaft. Sie sehen sich laut Studienleiter Mathias Albert als "benachteiligte Modernisierungsverlierer".

Klimawandel bleibt Thema

Albert betonte bei der Vorstellung der Untersuchung, junge Menschen seien "sehr besorgt, aber pragmatisch und optimistisch". So seien die Befragten unter anderem davon überzeugt, dass sie ihren Wunschberuf ausüben werden. Die Themen Klimawandel und Umweltverschmutzung machen weiterhin einer Mehrheit von zwei Dritteln der Jugendlichen Angst. Insgesamt fühlen sich Jugendliche aus den östlichen Bundesländern auch 35 Jahre nach dem Mauerfall verwundbarer und schlechter gestellt als Gleichaltrige im Westen.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) wies auf die wachsende Zustimmung zu antidemokratischen Positionen hin. Es sei ein Auftrag an die Politik, "Jugendlichen Gehör zu verschaffen und sie zu beteiligen". Demokratie müsse auch in Kindertagesstätten und Schulen erlernt werden, sagte sie unter Hinweis auf das Gefälle beim Demokratievertrauen in ost- und westdeutschen Bundesländern.

 

Der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks, Thomas Krüger, forderte vor dem Hintergrund der Studienergebnisse, die oft prekären Strukturen bei der Demokratieförderung durch den Bund stärker abzusichern. Das gelte insbesondere auf regionaler und lokaler Ebene sowie in strukturschwachen Bundesländern.

Die von dem Energie-Unternehmen finanzierte Shell-Jugendstudie erschien in diesem Jahr zum 19. Mal und widmet sich den Lebenswelten von 12- bis 25-Jährigen. Befragt wurden 2.509 junge Menschen der Jahrgänge 1998 bis 2012. Geschlechter, Jahrgänge, Migrationshintergründe, soziale Herkunft, Bildungsstand und weiteres wurden repräsentativ berücksichtigt.