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Sonntag, 13. Oktober, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Polizeiruf 110: Wasserwege"
Am Oder-Havel-Kanal spielt dieser Fall rund um eine junge Forscherin, die dort zu Tode kommt. Unerwartete Wendungen machen die Geschichte spannend und auch der Cast rund um André Kaczmarczyk als Kommisar Ross überzeugt unseren Kritiker.

Wenn eine junge Frau, offenbar mit einem Paddel erschlagen, tot in ihrem Kanu gefunden wird, und ihr Ex-Freund ganz offenkundig die Trennung nicht verwunden hat, ist der Fall im Grunde klar - aber dann führen die Ermittlungen in eine gänzlich andere Richtung.

Zum Glück verzichtet das Drehbuch zum fünften "Polizeiruf"-Fall für Vincent Ross (André Kaczmarczyk) auf ein typisches Muster: Allzu oft geben Sonntagskrimis vor, am großen Rad zu drehen, und dann entpuppt sich der Mord am Ende doch wieder bloß als Beziehungstat. Tatsächlich haben es Ross und sein Kollege Karl Rogov (Frank Leo Schröder) vom deutsch-polnischen Kommissariat in ?wiecko bei ihrer vierten Zusammenarbeit mit einem Gegner zu tun, der mindestens eine Nummer zu groß für sie ist. Weil sie außerdem einer übergeordneten Behörde in die Quere kommen, sollen sie schließlich sogar die Füße still halten, aber Anweisungen dieser Art werden ja zumindest im Fernsehen nur höchst selten befolgt.

Am Drehbuch zu "Wasserwege" waren inklusive Regisseur Felix Karolus gleich vier Personen beteiligt. Vom Trio Seraina Nyikos, Lucas Flasch und Mike Bäuml stammte auch die Vorlage für den letzten RBB-Krimi. "Schweine" war ein unspektakuläres und zudem allzu beschaulich inszeniertes doppeltes Familiendrama, das zudem ohne André Kaczmarczyk auskommen musste.

Seine Rückkehr zeigt, wie wichtig Vincent Ross für die Reihe ist: Der jugendlich wirkende Kommissar bringt mit seiner empathischen Gelassenheit gerade in Kombination mit dem erfahrenen Rogov eine ganz andere Farbe in die Filme.

Diesmal bekommt allerdings auch der Ältere seine gefühligen Momente: Das Mordopfer, Sara Osiecka, ist am Ufer des Finowkanals in der Nähe des Schiffshebewerks Niederfinow bei Eberswalde gefunden worden. Hier lebt Rogovs Ex-Frau, hier begegnet er in einer Kneipe zufällig auch der Kollegin Gunde Johannsen (Petra van de Voort) von der Wasserschutzpolizei, die das Duo bei den Ermittlungen unterstützt. Der kleine Exkurs, als sich die beiden gegenseitig erzählen, was sie in die Gegend verschlagen hat, ist eine sympathische romantische Ergänzung der Geschichte.

Interessant wird "Wasserwege", als sich das Team mit den wissenschaftlichen Forschungen von Sara befasst. Die junge Frau war Studentin der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung. Zum kompliziert klingenden Thema ihrer Masterarbeit gehörte eine intensive Beobachtung des Hafens von Eberswalde. Gegenüber hat sie eine Kamera angebracht, die sämtliche Schiffsbewegungen erfasst.

Dabei ist ihr offenbar ein brisantes Detail aufgefallen; jedenfalls hat sie mitten in der Nacht auf dem Heimweg von einer Party im Ruderclub kehrt gemacht und ist mit ihrem Kanu den Kanal in Richtung Hafen gepaddelt. Dann jedoch verliert sich die Spur, weshalb ihr Exfreund und Mitbewohner (Dominikus Weileder) erst mal ebenso verdächtig bleibt wie ihr Professor, Milan Günschow (Robert Kuchenbuch).

Die Feier galt seinem Geburtstag, und dass Dozenten Verhältnisse mit Studentinnen haben, soll ja nicht nur im Krimi vorkommen. Stutzig werden Ross und Rogov, als sich rausstellt, dass Günschows Bruder Peter (Wanja Mues) im Hafen arbeitet. Die beiden haben sich nicht viel zu sagen, weshalb der Fall umso rätselhafter wird, als auch Milan stirbt; sein Tod gleicht einer Hinrichtung. 

Dem Titel gemäß spielen viele Szenen auf dem Oder-Havel-Kanal, zumal das Drehbuch mit Lena und Isabelle Thiele (Jana Julia Roth, Sophie Pfennigstorf) zwei weitere Personen ins Spiel bringt: Die Schwestern betreiben ein Schubschiff, "Edwina", das zwischen Berlin und Stettin verkehrt und regelmäßig auf halber Strecke in Eberswalde neue Ladung an Bord nimmt. Die Detailarbeit der Kriminaltechnik lässt keinen Zweifel daran, dass die Thieles und ihre "Edwina" irgendwie mit dem Mord an Sara in Verbindung stehen.

Wie die Handlung dank dieser Spur schließlich eine neue Dimension annimmt, ist klug und schlüssig ausgedacht. Karolus’ Umsetzung ist gar nicht mal besonders spannend, zumindest nicht im landläufigen Krimisinn, aber dank Story und Ensemble durchgehend fesselnd.

Bei der Bildgestaltung verhält es sich ähnlich: Es gibt weder besondere Fahrten noch ungewöhnliche Blickwinkel, doch die Arbeit des renommierten Kameramanns Wolfgang Aichholzer ist von großer Sorgfalt geprägt. Für Augenfutter sorgen neben einigen stimmungsvollen Zwischenschnitten nicht zuletzt die Szenen mit dem hundert Meter langen Schubverband oder rund ums Schiffshebewerk. Mit dem Schluss ist die Geschichte allerdings noch längst nicht zu Ende; Fortsetzung folgt hoffentlich.