Portrait von Anna-Nicole Heinrich
epd-bild/Kristina Schaefer
Scharfe Kritik: "Die Ausstellung einfach abzuhängen und damit die Perspektiven der Flüchtlinge ausblenden zu wollen, ist entweder ein Akt der Hilflosigkeit oder purer Populismus", erklärte Anna-Nicole Heinrich, Präses der EKD-Synode.
EKD-Synoden-Präses zu Wirbel in Pirna
Heinrich kritisiert Abbau der Flüchtlingsausstellung
Jedes Jahr wirbt die Interkulturelle Woche für Vielfalt und Toleranz. Im sächsischen Pirna sollte dazu ab kommender Woche eine Ausstellung über Flüchtlingsschicksale informieren. Dazu kommt es wohl nicht - was zu heftigen Reaktionen führt - auch von der Präses der Synode der Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich.

In die Debatte um den vorzeitigen Abbau einer Flüchtlingsausstellung im sächsischen Pirna hat sich jetzt auch die Präses der Synode der Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich, eingeschaltet. Sie habe "null Verständnis" für das Vorgehen des Landratsamtes Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, erklärte sie am Donnerstag in Hannover. Ein Dialog über Fluchtthemen und die Begegnung mit Betroffenen sei offensichtlich notwendiger denn je.

Das sei gerade dann der Fall, wenn Besucher:innen Unverständnis über Zitate von Flüchtlingen geäußert hätten. Das Landratsamt hatte die Ausstellung "Es ist nicht leise in meinem Kopf" am 12. September nach nur einem Tag wieder abbauen lassen. Die Behörde begründete dies mit vermeintlichem "Unmut und Unverständnis von Bürgern und Mitarbeitern", die die Präsentation hervorgerufen habe.

Die Ausstellung des Flüchtlingsunterstützerkreises im erzgebirgischen Schwarzenberg zu 35 Schicksalen von Geflüchteten sollte am 25. September im Rahmen der Interkulturellen Woche im Pirnaer Landratsamt eröffnet werden. "Die Ausstellung einfach abzuhängen und damit die Perspektiven der Flüchtlinge ausblenden zu wollen, ist entweder ein Akt der Hilflosigkeit oder purer Populismus", erklärte Heinrich.

Geflüchtete seien Teil der Gesellschaft. Ihre Lebensrealität und ihre Sorgen zu ignorieren, trage nicht dazu bei, dass das Zusammenleben im Land besser werde. "Wer in politischer Verantwortung steht, muss den Mut zum Dialog haben und als Repräsentant einer Behörde Missstände beheben, egal wen sie betreffen", forderte die Präses. Sie hoffe, "dass die Verantwortlichen in Pirna die Ausstellung doch noch wie geplant in der kommenden Woche eröffnen".
Massive Kritik an dem vorzeitigen Abbau hatte es zuvor unter anderem von den sächsischen Grünen gegeben.

Massive Kritik an Landratsamt von vielen Seiten 

Das Landratsamt Sächsische Schweiz-Osterzgebirge hatte mit dem vorfristigen Abbau einer Ausstellung zu Flüchtlingsschicksalen teils heftige Reaktionen losgetreten. Massive Kritik an dem Schritt gab es am Mittwoch unter anderem vom Ökumenischen Vorbereitungsausschuss zur Interkulturellen Woche und von den sächsischen Grünen. 

Die Ausstellung wurde bereits erfolgreich an mehreren Orten in Sachsen gezeigt. Der Flüchtlingsunterstützerkreis kritisierte den Abbau als "ungeheuerlichen Vorgang".

Das Landratsamt hatte zur Begründung seines Vorgehens erklärt, in der Präsentation publizierte Äußerungen hätten "bereits in den ersten Stunden nach ihrem Aufhängen" polarisiert und "für eine aufgeheizte Stimmung unter den anwesenden Betrachtern" gesorgt.

Beate Sträter "schockiert und fassungslos"

Die Vorsitzende des Ökumenischen Vorbereitungsausschusses der Interkulturellen Woche, Beate Sträter, zeigte sich in Frankfurt/Main "schockiert und fassungslos". Sie nannte die Entfernung der Ausstellung "ein fatales Signal in die Gesellschaft". Offenbar wolle man die Sorgen und Nöte der Geflüchteten nicht sehen. Diese hätten vielmehr nach dieser Meinung "dankbar und ansonsten still zu sein".

Die von der Kreisverwaltung kritisierten Sätze spiegelten indes die Lebensrealität von vielen Geflüchteten in Deutschland wider, sagte Sträter. Als Beispiele für polarisierende Aussagen hatte die Behörde unter anderem Sätze von Geflüchteten angeführt wie "Wir sind eingesperrt wie hinter einer Mauer" oder "Ich habe kein Leben in Deutschland".

Sträter betonte, Ziel der Interkulturellen Woche sei es, Räume zur Verfügung zu stellen, in denen Menschen sich kennenlernen und austauschen können, anstatt nur übereinander zu reden. "Solch ein Raum wäre die Ausstellungseröffnung im Landratsamt", fügte sie hinzu. Der Vorbereitungsausschuss forderte Landrat Michael Geisler (CDU) auf, die Ausstellung wieder aufzubauen.

Scharfe Kritik kam auch von den sächsischen Grünen. "Das Handeln des Landratsamtes Sächsische Schweiz-Osterzgebirge stellt eine Zensur eines öffentlichen Diskurses dar", erklärte deren Co-Vorsitzende Christin Furtenbacher in Dresden. Die Ausstellung müsse umgehend wieder aufgebaut und wie geplant im Rahmen der Interkulturellen Wochen in Pirna vom 25. September an gezeigt werden.

Auch Furtenbacher betonte: "Wir sind ernsthaft besorgt über ein derart massives Eingreifen des Staates in die Meinungsfreiheit." Die Ausstellung soll ihr zufolge einen Beitrag zu Akzeptanz und Integration von in Deutschland lebenden Geflüchteten leisten, indem sie sich mit der Lage dieser Menschen auseinandersetzt.