"Von den Bausoldaten gingen in der DDR wichtige und unverzichtbare Impulse für eine gewaltfreie Konfliktlösung aus, die über die Kirchen dann auch in die gesellschaftlichen Debatten in der DDR, aber auch in die weltweite Ökumene eingebracht wurden", so Landesbischof Friedrich Kramer. Der Friedensbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) nimmt bis heute an der Diskussionsrunde "Krieg und Frieden heute" anlässlich der Tagung "60 Jahre Bausoldaten. Zeugnis – Zivilcourage – Diskriminierung" in der Tagungs- und Begegnungsstätte Zinzendorfhaus teil. An der Diskussionsrunde nimmt auch Rolf Haska teil, der von 2009 bis 2015 Pfarrer in Kiew war, teilnehmen.
Zwei Jahre nach Einführung der Wehrpflicht wurden im September 1964, also vor 60 Jahren, in der DDR die Baueinheiten in der DDR-Volksarmee für Wehrpflichtige geschaffen, die aus religiösen Anschauungen oder ähnlichen Gründen den Wehrdienst mit der Waffe ablehnten. Die DDR war der einzige Staat im Warschauer Pakt, der dies ermöglichte. Bis zur deutschen Einheit nahmen rund 25.000 Wehrpflichtige diese Möglichkeit in Anspruch, etwa 15.000 von ihnen wurden zu den Baueinheiten eingezogen.
Die "Handreichung für die Seelsorge an Wehrpflichtigen" der evangelischen Kirchen in der DDR bezeichnete 1965 diesen Dienst der Bausoldaten "als das deutlichere Zeugnis des Friedensgebotes Jesu Christi, dass den wirklichen und wirksamen Friedensdienst Gottes mitten unter uns bezeuge". "Dies war ein wichtiges Signal der Kirchen", unterstreicht der EKD-Friedensbeauftragte, der darauf hinweist, dass dies 1987 vom DDR-Kirchenbund nochmals ausdrücklich bekräftigt wurde.
"Damals haben die evangelischen Kirchen in der DDR bezeugt, dass sie in der Entscheidung von Christen, den Waffendienst oder den Wehrdienst überhaupt zu verweigern, einen Ausdruck des Glaubensgehorsams sehen, der auf den Weg des Friedens führe", so der Landesbischof, der selbst von 1983 bis 1985 Dienst in den Baueinheiten der NVA ableistete. Er betont zudem, dass von den Bausoldaten zahlreiche Initiativen und Vernetzungen in der damaligen DDR ausgingen, bei denen über Wehrdienstfragen, aber auch über die Sicherheits- und Außenpolitik sowie friedensethische Themen gesprochen werden konnte.
"Mit ihrer Haltung für Gewaltfreiheit haben die Bausoldaten damit auch einen wichtigen Beitrag für die Friedliche Revolution im Herbst 1989 geleistet."
"Viele Bausoldaten waren später Keimzellen für Friedensgruppen, aus ihren Reihen wurden Friedensseminare in Königswalde und Meißen gegründet und Anfang der 1980er Jahre wurde hier eine Initiative für einen eigenständigen sozialen Friedensdienst in der DDR ins Leben gerufen." Mit ihrer Haltung für Gewaltfreiheit hätten die Bausoldaten damit auch einen wichtigen Beitrag für die Friedliche Revolution im Herbst 1989 geleistet, ist der EKD-Friedensbeauftragte überzeugt. Dieser Dienst, der für den Einzelnen durchaus auch Nachteile in der DDR bedeutete, hätte oft für das ganze Leben geprägt, betont Landesbischof Friedrich Kramer.
"Doch der wichtigste Aspekt beim Dienst der Bausoldaten war sicherlich, zu zeigen, dass es eine Alternative zur Waffe in der Hand gibt", macht der EKD-Friedensbeauftragte deutlich. Und mit Blick der aktuellen Konflikte sei es wichtig, sich immer wieder auch an diese Alternative zu erinnern, so Friedrich Kramer. Und dies habe auch 60 Jahre nach Einführung der Bausoldaten weiterhin hohe Aktualität, gibt der EKD-Friedensbeauftragte zu bedenken: "Angesichts zahlreicher Kriege weltweit bleibt die umfassende Durchsetzung eines Menschenrechts auf Kriegsdienstverweigerung international von größter Bedeutung. Denn eine Entscheidung zur Verweigerung des Kriegsdienstes muss ohne Gewissensprüfung respektiert werden und eine Verfolgung oder Benachteiligung von Verweigerern muss ein Ende haben."