"Ich halte es für problematisch, wenn man Solingen jetzt einfach nur zur Chiffre, zum Symbol macht", sagte der leitende Geistliche der Evangelischen Kirche im Rheinland in Düsseldorf dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Eine ganze Stadt ist traumatisiert."
"Wir brauchen einen Schutz unserer Gesellschaft vor Menschen, die solche menschenverachtende Gewalt ausüben. Das widerspricht allem, wofür wir als offene, freiheitliche Gesellschaft stehen", unterstrich der Präses. Da brauche es eine klare Reaktion von Politik und Rechtsstaat.
"Aber man muss hier sorgfältig hinschauen und sich vor einer Instrumentalisierung und vor platten Parolen hüten", fügte Latzel hinzu, der rund 2,2 Millionen Gemeindemitglieder in Teilen von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, des Saarlands und Hessen repräsentiert.
"Wir haben gerade in Solingen ein sehr intensives und gutes Miteinander der Religionen, von Menschen verschiedenster Herkünfte. Und deswegen muss man sehr genau darauf schauen, wo das Problem liegt, um nicht zu falschen Verallgemeinerungen zu kommen", so Latzel weiter. Zu den möglichen Hintergründen "wissen wir im Augenblick noch zu wenig."
Er sei sehr froh, dass die evangelische und katholische Kirche in Solingen mit Gedenkfeiern und Gottesdiensten nach der Messerattacke einen sehr guten Rahmen zur ersten Trauerbewältigung schaffen konnten, sagte Latzel. Er würdigte insbesondere "die hochkompetente Arbeit der Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger".
Beim "Fest der Vielfalt" zum 650. Solinger Stadtjubiläum hatte ein Mann am Freitagabend mit einem Messer auf Festbesucher eingestochen. Drei Menschen wurden getötet und acht verletzt. Der mutmaßliche Attentäter Issa Al H. wurde am Samstagabend festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft. Dem 26-jährigen Syrer wird unter anderem die Mitgliedschaft in der islamistischen Terrororganisation IS vorgeworfen. Er soll als Asylbewerber nach Deutschland gekommen sein und sich seiner Abschiebung entzogen haben.