"Der Bischof von Rom als ein synodal verwurzeltes Ehrenoberhaupt der Christenheit erscheint als Möglichkeit am Horizont", heißt es in einem Gastbeitrag des früheren Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in der "Herder Korrespondenz" (August-Ausgabe). Zugleich dürfe nicht verschwiegen werden, dass der prinzipielle Ausschluss von Frauen von dem möglichen Ehrenprimat auf absehbare Zeit ein Streitpunkt bleibe. "Aber die Tür ist aufgestoßen."
Vertreter im Dialog zwischen den christlichen Kirchen sähen grundsätzlich einen Sinn darin, dass das Christentum weltweit durch eine einzelne Person repräsentiert wird, fügte Bedford-Strohm hinzu: "Denn sie erhält dadurch Gewicht und wird in der Weltöffentlichkeit auch gehört."
Gerade im Hinblick auf den massiven Orientierungsbedarf angesichts von Zukunftsfragen wie wirtschaftliche Gerechtigkeit, Überwindung von Gewalt und Sorge um die Natur brauche es eine solche Stimme, die medial Aufmerksamkeit "und im besten Falle auch die Herzen der Menschen erreicht". Studien zeigten, wie wichtig Personen für die Kommunikation des Evangeliums in der medialen Öffentlichkeit sind.
Der Vatikan hatte Mitte Juni ein Dokument vorgestellt, das die Stellung des Papstes innerhalb der christlichen Kirchen in Ost und West verändern könnte. In dem Studiendokument mit dem Titel "Der Bischof von Rom", das mit Zustimmung von Papst Franziskus veröffentlicht wurde, geht es vor allem um die Vormachtstellung des Papstes gegenüber anderen Kirchenoberhäuptern. In dem Text wird vorgeschlagen, dass diese den Papst als "Ehrenoberhaupt" akzeptieren. Ein neues Verständnis des Papstprimats und eine veränderte Ausübung dessen sollten zur "Wiederherstellung der Einheit der Christen beitragen".
Das 150-seitige Studiendokument ist eine Zusammenfassung der theologischen Reaktionen auf die Enzyklika "Ut unum sint". In dem Lehrschreiben hatte Papst Johannes Paul II. im Jahr 1995 eine andere Art der Ausübung des Papstamts in Aussicht gestellt und die anderen christlichen Kirchen dazu eingeladen, im Dialog mit Rom nach einem gemeinsamen Verständnis des Amts zu suchen.
Das Primat des Papstes gilt als Haupthindernis für die Einheit der christlichen Kirchen. Es werde der ökumenischen Diskussion um das Papstamt sehr helfen, wenn das Unfehlbarkeitsdogma nun unverkennbar in seinen historischen Kontext gestellt wird, schreibt Bedford-Strohm. Vieles in dem Dokument müsse jedoch mit konkreten Inhalten gefüllt werden, "gerade auch im Hinblick auf Synodalität", wünscht sich der frühere bayerische Landesbischof. Seit dem 19. Jahrhundert hatten sich die Befugnisse des Papstes und Bischofs von Rom in Glaubensfragen durch das 1870 beschlossene Unfehlbarkeitsdogma innerhalb der Kirche ausgeweitet.