Die aktuelle wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser ist nach Ansicht der Kommunalverbände und der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG) so schwierig wie noch nie. "Wir stehen mit dem Rücken zur Wand", sagte der BWKG-Vorstandsvorsitzende, Landrat Heiner Scheffold, am Freitag in Stuttgart.
Von den massiven Defiziten seien private, frei gemeinnützige und öffentliche Kliniken gleichermaßen betroffen. Auslöser seien die Kostensteigerungen infolge der massiven Energiepreissteigerungen gewesen. Inzwischen habe sich die finanzielle Situation der Kliniken so zugespitzt, "dass es nun darum geht, einen Kollaps der Kliniken zu verhindern".
2023 hätte das Defizit mit 670 Millionen Euro bereits einen unerwarteten Höchstwert erreicht. In diesem Jahr fehlten den Krankenhäusern nach den Ergebnissen einer BWKG-Umfrage 900 Millionen Euro in ihren Wirtschaftsplänen. "Das bedeutet insgesamt allein in den Jahren 2023 und 2024 einen Fehlbetrag von mehr als 1,5 Milliarden Euro", so Scheffold. Je länger die dringend notwendige finanzielle Entlastung der Krankenhäuser auf sich warten lasse, desto weiter wüchsen die Krankenhausdefizite.
Nothilfeprogramm, um Versorgung zu sichern
Es gebe ein breites Einvernehmen, dass eine Krankenhausreform dringend notwendig ist. Voraussetzung für eine geordnete Krankenhausreform ist nach Scheffolds Worten aber die Stabilisierung der Finanzgrundlagen. Landkreistag, Städtetag und BWKG fordern dafür von Bund und Land, vorgenommene Kürzungen zurückzunehmen und zukünftige Kostensteigerungen vollständig zu finanzieren.
Um die Lücke zwischen gestiegenen Kosten und Erlösen zu schließen, die in den Inflationsjahren 2022 und 2023 entstanden ist, müsse der Bund die Krankenhausvergütung um mindestens vier Prozent erhöhen. Sollte der Bund nicht handeln, müsse das Land noch in diesem Jahr ein Nothilfeprogramm in Höhe von 300 Millionen Euro schnüren, damit die Patientenversorgung gesichert sei.
Druck auf Stadt- und Landkreise steigt
"Als Träger des stationären Sicherstellungsauftrags betrifft die dramatische Situation der Krankenhäuser die Landkreise und ihre Haushalte direkt", sagte Joachim Walter, Präsident des Landkreistags. Allein in den Jahren 2018 bis 2022 hätten baden-württembergische Landkreise ihren Kliniken mit rund 1,6 Milliarden Euro unter die Arme greifen müssen. Für 2024 rechneten sie mit Unterstützungsbeiträgen in Höhe von 790 Millionen Euro.
Wenn das Land nicht noch in diesem Jahr mehr Geld zur Verfügung stelle, müssten bald die ersten Häuser schließen, sagte Frank Mentrup, Präsident des Städtetags und Oberbürgermeister von Karlsruhe. Vor Ort steige der Druck auf Stadt- und Landkreise, auch die Krankenhäuser freier Träger finanziell zu stützen, um Insolvenzen zu verhindern.
Von der Inflation überrollt
Caroline Schubert, Vorständin der ViDia Christliche Kliniken Karlsruhe, sagte dem Evangelischen Pressedient (epd), während der Pandemie hätten die staatlichen Corona-Hilfen viele Häuser "getragen". Jetzt überrolle die Inflation die Kalkulation. Sprunghaft angestiegen seien mangels Ausgleichszahlungen vor allem Personal- und Sachkosten. Hinzu kämen gesunkene Patientenzahlen nach Corona sowie ein neuer Bewertungsmodus für erbrachte Leistungen trotz weiter bestehender Fixkosten.
Weiter verwies Schubert auf die zeitweise "extrem angespannte Situation" in den Notaufnahmen. Nach der Klinikreform in Karlsruhe, in deren Folge aus der Fusion des Diakonissenkrankenhauses und der St. Vincentius Kliniken die ViDia Christliche Klinken entstanden, gibt es nur noch zwei Notaufnahmen für die 310.000 Einwohner-Stadt. Bis 2016 waren es noch vier Notaufnahmen.
Maren Diebel-Ebers, stellvertretende DGB-Vorsitzende Baden-Württemberg, forderte Bund, Land und Kommunen auf, an einem Strang zu ziehen. Es brauche jetzt schnelle Maßnahmen, um das unkontrollierte Kliniksterben zu beenden: "Von der Bundesregierung erwarten wir eine Krankenhausreform, die ihren Namen verdient und über Steuermittel ausfinanziert ist. Aber auch die Landesregierung ist in der Pflicht, ausreichend Krankenhausinvestitionen zur Verfügung zu stellen und Kommunen bei der Gründung von medizinischen Versorgungszentren zu unterstützen."