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Mittwoch, 24. Juli, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Der Boandlkramer und die ewige Liebe"
Joseph Vilsmaiers Fortsetzung des bayerischen Klassikers vom "Brandner Kaspar" versammelt das Who-is-who im komischen Fach auf deutschen Leinwänden: Allen voran Bully Herbig in der Titelrolle als Knochensammler und Hape Kerkeling als Luzifer.

Jahrein, jahraus hat Gevatter Tod rechtschaffen seine Arbeit verrichtet. Ob Mann oder Frau, jung oder alt: Zuverlässig hat er die Seelen all’ jener, deren Zeit abgelaufen war, zur Himmels- oder Höllenpforte gebracht. Beim kleinen Maxl allerdings wird der "Boandlkramer", wie der Sensenmann im Bairischen heißt, zum ersten Mal in seiner langen Karriere schwach: Als er sieht, wie Gefi, die Mutter des Jungen, um ihr sterbendes Kind trauert, beschließt der Herrgottsknecht, seinen Auftraggeber enttäuschen.

Anstelle von Maxl liefert er einen fröhlichen Bigamisten ab, der zufällig den gleichen Vornamen hat. Den offenkundigen Altersunterschied erklärt er frech mit einem Zahlendreher in den Unterlagen, auch wenn das einigermaßen absurd ist: Maxl ist zwölf, Max mindestens vierzig. Als Luzifer mitbekommt, dass den Schnitter die Liebe erwischt hat, bietet er ihm eine vorübergehende Menschwerdung an, doch die Zeit ist viel zu kurz, um Gefis Herz zu gewinnen.

Also schlägt er dem Knochensammler einen Deal vor: Der Boandlkramer darf ein Erdendasein genießen, soll aber sein Handwerk als Seelensammler einstellen. Das allein würde schon für Chaos sorgen, doch es kommt noch schlimmer, als der Tod den teuflischen Pakt schließlich aufkündigen will: Der Preis, den der Beelzebub fordert, würde den großen göttlichen Plan durchkreuzen; es droht die Apokalypse.

"Der Boandlkramer und die ewige Liebe" ist das letzte Werk des 2020 kurz nach den Dreharbeiten verstorbenen Regisseurs Joseph Vilsmaier. Der Film ist nie in die Kinos gekommen und startete wegen der Corona-Pandemie im Frühjahr 2021 bei Amazon. Die Komödie ist die Fortsetzung der "Geschichte vom Brandner Kaspar" (2008), im Gegensatz zu dem beliebten Volksstück jedoch eine Eigenschöpfung. Das Drehbuch schrieb Michael Bully Herbig, der die Titelfigur schon im ersten Film verkörpert hat, gemeinsam mit Ulrich Limmer und Marcus H. Rosenmüller.

Weil Schlafes Bruder dank des Maskenbilds wie ein verwittertes Gemälde aussieht, wird seine Menschwerdung zur echten Herausforderung. Maßgeblichen Anteil an der gelungenen Metamorphose hat der von Sebastian Bezzel als notorischer Stenz verkörperte Max, den der Boandlkramer kurzerhand als Küster in der Himmelskapelle geparkt hat: Der Schürzenjäger weiß natürlich, wie man das Herz einer Frau erobert, und verpasst der stets gebeugt dahinschlurfenden traurigen Gestalt erst mal eine ordentliche Körperspannung.

Das Erscheinungsbild bedarf ebenfalls ganz erheblicher Maßnahmen. Nach dem "Make over" erinnert der Tod auf verblüffende Weise an Hui Buh, das Schlossgespenst (2006/2022), dem Herbig in zwei Filmen seinen digitalisierten Körper zur Verfügung gestellt hat.

Natürlich erweist sich die ganze Liebesmüh’ trotzdem als fruchtlos, denn auch andere Kleidung und eine neue Frisur machen aus dem Boandlkramer kein fesches Mannsbild. Außerdem hat Gefi (Hannah Herzsprung) längst das Werben eines Anderen erhört. Allerdings bekommt der Tod einen unerwarteten Komplizen.

Die Handlung spielt 1955 in Oberbayern, soeben ist Bundeskanzler Konrad Adenauer aus Moskau heimgekehrt, wo er sich für die Freilassung der letzten deutschen Kriegsgefangenen eingesetzt hat. Der kleine Maxl ist überzeugt, dass sein Vater keineswegs in Russland gefallen ist, wie Gefi glaubt, sondern demnächst nach Hause kommt; deshalb will er die Hochzeit seiner Mutter mit Toni (Florian Brückner), dem Sohn des Bürgermeisters (Sigi Zimmerschied), um jeden Preis verhindern.

Sämtliche Mitwirkenden verkörpern ihre Rollen mit großer Hingabe, aber besonders viel Freude bereitet Hape Kerkeling. Der Fürst der Finsternis weist empört alle Höllenklischees von Pech und Schwefel als Propaganda zurück und führt dem Boandlkramer die ewige Verdammnis als das reinste Spieleparadies vor; ein Fest für Szenenbildner Götz Weidner. Den Bayerischen Filmpreis gab’s allerdings weder das für Produktionsdesign noch für die nicht minder sehenswerte Bildgestaltung (Vilsmaier und Rolf Greim), sondern für das Drehbuchtrio. Auszeichnungen für die Darstellung wären ebenfalls verdient gewesen, zumal Kerkeling auch noch mit einer Musical-Einlage glänzen darf, seiner Rock’n’Roll-Tolle zum Trotz jedoch im Bigband-Swingstil Frank Sinatras.

Großen Spaß bereiten auch die kleinen Darbietungen am Rande: Götz Otto erfreut als weitgehend wortloser Erzengel, der sich mit seinem einzigen Satz als Hesse entpuppt, Rick Kavanian spielt den Himmelspförtner, Nadja Auermann seine höllische Kollegin. Gott dagegen glänzt durch Abwesenheit: Er (oder sie) hat sich eine Auszeit genommen.