Hand eines älteren Menschn ruht auf einer Computer-Maus
epd/Christoph Papsch
Etwa ein Drittel der Menschen über 65 nutzt keine digitalen Medien. Die Auswirkungen hat die Diakonie Schweinfurt in einer Studie untersucht.
Diakonie-Experte warnt
Viele ältere Menschen sind digital abgehängt
Vor der digitalen Ausgrenzung älterer Menschen warnt der Schweinfurter Diakonie-Experte Jochen Keßler-Rosa. Dabei gehe es weniger ums Online-Einkaufen als vielmehr um fehlende Teilhabe und Einsamkeit, aber auch um Altersarmut.

"Trotz aller technischen Entwicklungen muss man das Recht auf ein analoges Leben haben", sagte Keßler-Rosa, Ruhestandspfarrer (68) und Vorsitzende des Diakonischen Rates, dem Aufsichtsgremium der Diakonie Bayern. Studien hätten inzwischen ergeben, dass heutzutage knapp ein Drittel der 65- bis 75-Jährigen "nicht digital unterwegs" ist. Das aber habe enorme Folgen, sagte Keßler-Rosa, beispielsweise verstärkte Altersarmut, Einsamkeit und verringerte Teilhabe.

Mit finanzieller Unterstützung des bayerischen Sozialministeriums habe die Diakonie Schweinfurt in der Kleinstadt Gerolzhofen sowohl eine qualitative als auch quantitative Studie zu dem Thema gemacht. In Einzelinterviews und bei Befragungen auf der Straße und in Senioreneinrichtungen habe man den Digitalisierungsgrad älterer Menschen und deren Probleme mit der Digitalisierung angefragt, erläuterte Keßler-Rosa. Am Ende ließen sich zwei Gruppen unter den "digital abgehängten" Seniorinnen und Senioren ausmachen: "zum einen die, die gerne digitaler sein würden, es aber nicht hinbekommen - zum anderen die, die nicht möchten."

Keßler-Rosa warb um Verständnis für beide Positionen: "Wenn man ehrlich ist, dann hatte beinahe jeder schon mal eine Online- oder Digital-Situation, die ihn überfordert hat." Bei ihm stiegen Puls und Blutdruck regelmäßig, wenn er versuche, im Netz einzukaufen - auch bei eigentlich bekannten Portalen. "Ich habe ständig Sorge, auf irgendeinen falschen Knopf zu drücken", bekannte der frühere Geschäftsführer der Diakonie Schweinfurt. Man müsse die Ängste ernst nehmen, wenn man nicht eine ganze Generation wirtschaftlich und sozial abhängen wolle: "Das Wichtigste dabei ist, den Betroffenen das Schamgefühl zu nehmen!"

Die Untersuchung der Diakonie habe auch ergeben, dass es den allermeisten Seniorinnen und Senioren beim Thema Digitalisierung nur selten ums Einkaufen oder Online-Banking geht. "Für die meisten spielt das Thema Einsamkeit die größte Rolle", erläuterte Keßler-Rosa. Denn Kinder und Enkelkinder kommunizierten oft nur noch über Messenger-Dienste und telefonierten kaum mehr klassisch: "Und wenn man das nicht kann als älterer Mensch, ist man außen vor." Hinzu komme, dass analoge Angebote - etwa bei Fahrkarten - oft teurer als digitale Tickets seien. "Das ist diskriminierend und eine weitere Armutsfalle."