Um die "28" kommt man nicht herum, blickt man in diesen Tagen auf die "Ära Ank" in der Nürnberger St. Lorenz Kirche. Der in Mannheim geborene Musiker war nicht nur so viele Jahre lang hier aktiv, er war auch der 28. Nachfolger des ersten um 1448 wirkenden Lorenzkantors Nykolaus Pair - und wird am 28. Juli um 10 Uhr im Sonntagsgottesdienst verabschiedet.
Nach Stationen in Westfalen und am Braunschweiger Dom wurde Matthias Ank Lorenzkantor. Dies sei eine der wenigen "Leuchtturmstellen" ohne Dekanatskantorat in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, sagt Landeskirchenmusikdirektor Ulrich Knörr. Schon Anks Vorgänger Hermann Harrassowitz habe es auf über 30 Dienstjahre gebracht und sei damit erst der zweite Lorenzkantor nach dem Zweiten Weltkrieg gewesen. "An St. Lorenz kann man sich musikalisch total entfalten, wo will man danach noch hin?", beschreibt Knörr die Aufgabe.
Auch Anks Vorgänger experimentierten bereits gerne. "St. Lorenz ist nicht nur ein wunderschöner Kirchenort mit Ausstrahlung, auch die Menschen hier sind extrem offen und engagiert", blickt Ank zurück. 23 selbst gewählte Jahresthemen von "Schöpfung" über "Schweiz" bis zu "Musik im Exil", mit einem musikalischen Repertoire von der Gregorianik bis zur Moderne, gestaltete Ank mit verschiedenen Partnern und Ensembles. An der 2005 vollendeten Orgelanlage mit ihren 165 Registern und 12.156 Pfeifen konzertierten neben Ank selbst Organistinnen und Organisten aus der ganzen Welt.
Musik wurde mit Lesungen oder Film kombiniert. Der damalige Chefredakteur des Bayerischen Fernsehens sprach den "Evangelisten" in Bachs Weihnachtsoratorium. Mit dem Bachchor, der 2023 seinen 100. Geburtstag feierte, wurden große Werke der Kirchenmusikgeschichte aufgeführt, zum Reformationsjubiläum eine Jukebox gebaut und aufgestellt, zur "Blauen Nacht" eine "Flower-Power-Session" veranstaltet und auch Saugroboter fuhren bei einer Parade in Kombination mit einem Hörspiel durch den Kirchenraum.
Hörgewohnheiten erweitert
Das waren dann die Momente, in denen mancher vielleicht die Stirn runzelte. "Ich konnte zu jedem Projekt aber den Sinn erklären, auch als Nicht-Theologe", meint Ank und setzt augenzwinkernd nach: "Der Heilige Geist weht eben, wo er will." Dass er ihn zur Kirchenmusik wehen wird, sei in der Jugend in Mannheim noch nicht so klar gewesen. Bands wie Genesis und Yes und Tastenmagier wie Keith Emerson oder Rick Wakeman waren es, die den jungen Musiker mit Synthesizern und Hammondorgel fasziniert hatten. Erst der Kantor der heimischen Gemeinde habe ihm damals vorgemacht, dass Kirchenmusik einen reichhaltigen Schatz an musikalischen Möglichkeiten bietet - und überdies auch eine berufliche.
"Ich sage immer: Wo Ank drauf steht, ist Ank drin - er ist einfach unverwechselbar", meint die geschäftsführende Pfarrerin Claudia Voigt-Grabenstein, die ihn zwölf Jahre lang begleitet hat. Ank habe nicht nur wohlgefällige Musik in die Lorenzkirche gebracht, sondern auch moderne oder einfach unerwartete Klänge. "Wenn man zu Ank ins Konzert ging, musste man immer mit etwas Verrücktem rechnen. Er hat die Hörgewohnheiten manchmal auf die Probe gestellt, aber immer erweitert", sagt sie. Faszinierend habe sie gefunden, wie Ank manches Experiment begründete. Seinem Nachfolger Michael Riedel, der im Februar 2025 vom evangelischen Stadtdekanat der Frankfurter Innenstadt nach St. Lorenz kommt, wünsche sie den Mut, "Kunst aller Art mit in die Kirchenmusik zu bringen".
Matthias Ank geht ein Jahr früher, als es das eigentliche Rentenalter vorsehen würde. "Ich habe ganz persönlich das Gefühl, es wäre jetzt ein guter Zeitpunkt zum Abschied", sagt der 65-Jährige. Es falle ihm zwar immer wieder etwas Neues ein und er habe auch die volle Unterstützung von Pfarrschaft, Kirchengemeinde und "seinen" Ensembles wie dem Bachchor, dem Vokalensemble St. Lorenz, den Bläserinnen und Bläsern von "Lorenz Brass" sowie dem "ensemble KONTRASTE". Allerdings merke er, er werde ungeduldiger und gelegentlich weniger flexibel.
Daher freue er sich nun auf die Zeit zu zweit mit seiner Lebensgefährtin - und darauf, im Ruhestand nun erst einmal in der Cadolzburger Wohnung zur Ruhe zu kommen. Von Tasteninstrumenten, vor allem aber von Noten sei er da ohnehin umzingelt. "Dann schaue ich mal, wo und wie ich künftig konzertiere", sagt Ank lachend. Ein Musiker wie er geht eben nie wirklich in den Ruhestand.