Tummeln sich Touristen für ihre Fotos vor den Monumenten einer Stadt, ist das für die Einheimischen, die gerade einfach nur von A nach B gelangen wollen, oft nervtötend. Richtig und zu Recht empört sind sie, wenn die Besucher dauerhafte Spuren hinterlassen. Im vergangenen Jahr schafften es mehrere Fälle von Vandalismus in die Schlagzeilen der italienischen Medien: Ein 17-jähriger Deutscher hatte in Rom eine Mauer des Kolosseums zerkratzt. Wenige Tage zuvor hatte ein Engländer seinen und den Namen seiner Freundin in das rund 2.000 Jahre alte Mauerwerk geritzt. Die Strafen für diese Form des Vandalismus sind enorm. Laut Strafgesetzbuch drohen eine Freiheitsstrafe von zwei bis fünf Jahren und eine Geldstrafe von 2.500 bis 15.000 Euro.
Dass das Zerstören von Mauern - erst recht von historischen Denkmälern - verboten ist, dürfte wohl den meisten Menschen klar sein. Im Italienurlaub gelten aber weitere Regeln, die für Touristen nicht immer auf der Hand liegen.
Seit die Spanische Treppe in Rom 2016 nach aufwändiger Reinigung und Restaurierung wiedereröffnet wurde, sind die einst so geselligen Abende mit Wein und Pizzastücken auf den einladenden Stufen passé. Es darf dort heute weder getrunken noch gegessen werden, geschweige denn geraucht. Seit dem Sommer 2019 darf man sich nicht einmal mehr hinsetzen. Sobald sich die Knie eines müden Rom-Besuchers zu beugen beginnen, ertönt bereits die grelle Zurechtweisung aus der Trillerpfeife eines Ordnungshüters.
Derselbe schrille Ton erklingt nahezu im Minutentakt ein paar Ecken weiter, am berühmten Trevi-Brunnen. Wer meint, dort wie Anita Ekberg im Film "La dolce Vita" ein erfrischendes Bad nehmen zu wollen, sollte nicht vorschnell die Sandalen von den Füßen streifen: Das Baden in den Brunnen Roms ist prinzipiell nicht gestattet. Es handelt sich schließlich größtenteils um Jahrhunderte alte Kunstwerke. Wagt man es doch, ins Wasser zu steigen, ist man mit einer saftigen Geldstrafe dabei - und erntet zusätzlich die verstörten und verständnislosen Blicke der Römer. Die meisten Stadtzentren haben zudem eine sogenannte Zona Traffico Limitato eingerichtet, in die nur Taxis, Einsatzwagen oder Autos mit besonderer Genehmigung fahren dürfen. Da sich oft trotzdem Massen von Autos durch die Innenstädte drängen, fällt vielen die eigentlich verkehrsberuhigte Zone gar nicht auf. Überfährt man die überwiegend elektronische Schranke aber, trudelt einige Zeit später der Strafzettel zu Hause ein.
Auch außerhalb der Städte gibt es Regeln, die Italien-Urlauber kennen sollten: Auf Sardinien ist es am Strand Spiaggia della Pelosa verboten, sich auf einem Handtuch niederzulassen. Die vielen Besucher hatten mit ihrem Frottee angeblich zu viel Sand vom Strand weggetragen. Wer sein Handtuch dennoch ausbreitet oder andere Strandregeln missachtet, muss mit Strafen zwischen 25 und 500 Euro rechnen. Generell ist das Sammeln von Sand oder Steinen als Mitbringsel in Italien streng verboten. Hierfür drohen Strafen von bis zu 3.000 Euro.
Ein ganz bestimmter Dresscode gilt auf der Insel Capri. Hier ist es aus Lärmschutzgründen untersagt, Holzschuhe zu tragen. Wer trotzdem lärmend durch die Gassen klappert, muss mit einer Strafe von 50 Euro rechnen. In Portofino hingegen darf man seit Mai vergangenen Jahres nicht mehr ohne Schuhe durch die Straßen spazieren. Zusätzlich hat der pittoreske Ort südöstlich von Genua eine in den Medien als "Selfie-Verbot" betitelte Verordnung erlassen: Stehenbleiben ist an besonders beliebten Plätzen zu bestimmten Zeiten untersagt. An manchen Tagen im Sommer, wenn die Stadt von Tagestouristen überrannt wird, ist sonst schlicht überhaupt kein Durchkommen mehr.
Venedig hat die meisten Regeln
Wo es die meisten Touristen gibt, da werden auch die meisten Regeln erlassen. So scheint es zumindest in Venedig zu sein. Hier sollte man sich auch an den wärmsten Sommertagen nicht dazu verleiten lassen, in einen der Kanäle zu springen. Nicht nur, weil das gefährlich ist. Das Schwimmen in den Wasserstraßen wird mit 350 Euro bestraft. Venedig ist kein Vergnügungspark. Im Sommer 2022 stoppte Bürgermeister Luigi Brugnaro höchstpersönlich einen Kanalschwimmer. Um das Stadtbild bei den täglichen Besuchermassen wenigstens etwas im Griff zu behalten, hat die Stadt weitere Maßnahmen ergriffen: Wer sich auf Mauern, Brückenstufen oder auf den Boden setzt und sein Picknick auspackt, um dort zu essen, muss bis zu 200 Euro berappen. Fehlt auch noch die Oberbekleidung, sind weitere 200 Euro fällig.
Am Sonntag war zudem der letzte Tag der Testphase zum Eintrittsgeld in die Lagunenstadt. Ab dem nächsten Jahr soll regelmäßig Eintrittsgeld erhoben werden. "Das Ziel der Eintrittsgebühr ist es, die Stadt lebenswert zu machen", so Venedigs Bürgermeister, "für Einwohner, für Arbeitnehmer, für Studenten und für Touristen". Die meisten Menschen hätten verstanden, dass die Gebühr zum Schutz der Stadt erhoben werde. "Es ist eine korrigierbare Maßnahme, die verbessert werden kann", bilanzierte er den Test. Es seien aber keine gravierenden Nachteile aufgetaucht. Die Stadt Venedig hatte am 25. April erstmals eine Gebühr für Tagesbesucher erhoben. Diese galt in der Testphase in diesem Jahr an 29 ausgewählten Tagen und betraf alle Touristen und Besucher, die nicht in der Region Venetien leben und für einen Tag in die Stadt kommen wollten. Besucher, die in Venedig übernachteten, waren von der Gebühr, aber nicht von der Registrierung ausgenommen.