Fernseher vor gelbem Hintergrund
Getty Images/iStockphoto/vicnt
6. Juli, WDR, 20.15 Uhr:
TV-Tipp: "Der Bulle und das Landei"
Provinzkrimis sind längst ein alter Hut; mittlerweile tummeln sich auf dem Land fast mehr Ermittlerteams als in den Großstädten. Als der SWR 2010 "Der Bulle und das Landei" zeigte, war das Phänomen jedoch vergleichsweise neu.

Damals konnten öffentlich-rechtlichen Sender es sich noch leisten, gelegentlich Spielfilme nur fürs dritte Programm zu produzieren. Der Bayerische Rundfunk hatte es mit Erfolg vorgemacht, der SWR zog nach. Das Ergebnis war viel zu gut, um den Film bloß im eigenen "Dritten" zu zeigen; mit der Fortsetzung, "Babyblues", zog die Reihe ins "Erste" um. Anders als bei den Produktionen aus Bayern gab es zudem keine Verständigungsschwierigkeiten außerhalb des Sendegebiets: Der Mundartanteil hielt sich in überhörbaren Grenzen. 

Am regionalen Charakter der Komödie konnte trotzdem kein Zweifel bestehen, denn der Handlungsort spielt in den Filmen eine entscheidende Rolle. Die Geschichte des Auftakts begann in Frankfurt: Der mit allen Wassern gewaschene Hauptkommissar Killmer begeht einen ganz erheblichen Fehler, dem prompt die Strafversetzung folgte. Er trägt’s mit Fassung, allerdings nur so lange, bis ihm klar wird, dass Monreal keine Metropole in Kanada, sondern eine beschauliche Gemeinde im pfälzischen Teil der Vordereifel ist. 

Damit waren die Vorzeichen klar: Die Reihe erzählt die Geschichte eines Mannes, der einen brutalen Karriereknick erlebt, in Wirklichkeit aber zu wahrer Größe finden wird. Ein solcher Stoff muss unbedingt als Komödie verpackt werden, und deshalb taten der Sender und die Produktionsfirma (Polyphon Südwest) gut daran, die Hauptrollen auch ausgewiesenen Komödianten anzuvertrauen.

Uwe Ochsenknecht ist eine großartige Besetzung für den arroganten Städter: Der Schauspieler ist cool genug, um als harter Bulle durchzugehen, versieht seine Figur aber gleichzeitig mit der richtigen Dosierung kleiner Brüche, um dennoch sympathisch zu wirken. Zur Geltung aber kommen beide, Killmer wie Ochsenknecht, erst durch die zweite Titelfigur: Das "Landei" ist die eigentliche Heldin der Geschichte und Diana Amft die perfekte Partnerin für Ochsenknecht. Die ehrgeizige Dorfpolizistin Kati Biver will unbedingt richtige Verbrechen aufklären und nicht bloß entflohene Rindviecher einfangen. 

Der WDR zeigt heute Abend zunächst den vierten Film der Reihe ("Von Mäusen, Miezen und Moneten"), doch der bessere folgt im Anschluss. Zwischenzeitlich war der Reihe etwas die Luft ausgegangen, aber die fünfte Episode, "Wo die Liebe hinfällt" (2015), ist wieder ein kurzweiliges Vergnügen. Ochsenknecht scheinen Figuren wie Kommissar Killmer ohnehin mühelos zu gelingen; dank seiner enormen  Erfahrung hat er ein traumwandlerisch sicheres Gespür für die richtige Dosis an Humor und Spielfreude. Das gilt diesmal vor allem für eine amüsant Elvis-Parodie: Weil sich Kati todesmutig einem Räuber in den Weg gestellt hat, darf sie zur Belohnung mit dem Chef in dessen Geburtstag reinfeiern. Da anschließend beide einen Filmriss haben, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, wird der feuchtfröhliche Abend stückweise nachgereicht: Sie sind in einer Karaoke-Bar gelandet, Killmer hat sich in entsprechender Kostümierung als Elvis Presley versucht und Kati schließlich auf der Bühne gefragt, ob sie seine Priscilla sein möchte. Weil auf dem Heimweg am frühen Morgen der Bürgermeister (Bernhard Schütz) ihren Weg gekreuzt hat, sind sie nun verheiratet. 

Dank der Konstruktion dieser durchaus raffiniert eingefädelten Geschichte von Reihenschöpfer Uwe Kossmann und Koautor Markus Hoffmann ergibt die verunglückte Romanze eine amüsante Parallelhandlung zur kriminalistischen Ebene: Opfer besagten Raubüberfalls war eine Schmuckdesignerin (Sabine Postel), und da ihr Sohn (Moritz Führmann) hartnäckig den Verdacht auf den jungen Geliebten (Daniel Wiemer) der Mutter lenken will, gilt er schließlich prompt selbst als Drahtzieher. Kati hat nur die Augen des vermummten Räubers gesehen, aber das genügt, um ausgerechnet jenen Taxifahrer, der sie und Killmer von der Bar zurück nach Monreal fährt, als Täter zu identifizieren; kurz drauf ist der Mann tot, und die schockierte Kati kann sich an nichts mehr erinnern. 

Der gern auch mal grimmige Humor ist sympathisch, die Schauplätze sind interessant. Die Inszenierung (Torsten Wacker) nimmt sich Zeit, legt aber in den spannenden Szenen trotzdem das nötige Tempo vor und bedient sich gern auch mal ungewöhnlicher Perspektiven; die Rückblenden sind in verwaschenem Siebziger-Jahre-Stil gehalten. Und weil auch die überwiegend kaum bekannten Nebendarsteller ihre Sache sehr ordentlich machen, ist "Wo die Liebe hinfällt" ein fröhlicher Spaß, zumal der heimliche Star der Reihe erneut die meisten Lacher haben dürfte: Ulrike Bliefert versieht Katis Großmutter mit der geballten Liebenswürdigkeit einer Eifeloma, die nur das Beste für ihre Enkelin will; und das ist ausgerechnet Killmer, weshalb sie das scheidungswillige Paar dazu nötigt, die nicht vollzogene Ehe gefälligst aufrecht zu erhalten.