Pflegeexperte kritisiert Anwerbung im entfernten Ausland

Dortmund (epd). Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, hält wenig von politischen Versuchen, Pflegekräfte aus dem außereuropäischen Ausland nach Deutschland zu locken. Die Erfahrungen zeigten: Für die Anwerbungsversuche werde viel Steuergeld ausgegeben, aber nur wenige Menschen kämen nach Deutschland, schreibt Brysch in einem Gastbeitrag für epd sozial, den Fachdienst des Evangelischen Pressedienstes (epd) für die Sozialbranche. Für Brysch ist klar: „Es braucht vor allem binnenpolitische Lösungen für die Gewinnung von mehr Pflegepersonal.“

Um etwas gegen den Pflegenotstand zu unternehmen, „reisen Bundesminister um die Welt, geben dabei unzählige Millionen Euro Steuergelder aus und wecken nur realitätsferne Erwartungen“, kritisiert Brysch. Gerade sei das Anwerbeprojekt von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Brasilien gestoppt worden, nachdem die neue brasilianische Regierung Zweifel am Erfolg des Vorhabens angemeldet habe. „Diese Bedenken sind berechtigt angesichts von 34 professionell Pflegenden, die 2022 aus dem südamerikanischen Staat bilateral organisiert nach Deutschland kamen“, schreibt Brysch.

Der Pflegeexperte appelliert an den Bundesrechnungshof, aktiv zu werden und die Anwerbepraxis der Bundesregierung zu prüfen. „Es darf keine weitere Zeit mit Projekten verschwendet werden, die nichts als Spesen verursachen.“ Viel wichtiger sei es, die Menschen zu unterstützen, die eigeninitiativ aus EU- oder angrenzenden Ländern hierzulande arbeiten wollen.

Laut Brysch ist Deutschland „sehenden Auges in die Krise geschlittert“. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts würden bis zum Jahr 2049 mehr als zwei Millionen professionelle Pflegepersonen benötigt , etwa eine halbe Million mehr, als derzeit in Krankenhäusern, Pflegeheimen und ambulanten Diensten beschäftigt sind.

Um mehr Menschen für den Pflegeberuf zu gewinnen und auch im Job zu halten, müssten die Arbeitsbedingungen attraktiver werden. Das größte Problem seien nicht die Löhne, schreibt Brysch: „Vielmehr geht es um verlässliche Dienstpläne. Spontan angeordnete Überstunden, Sonder- und Zusatzschichten zerhacken die arbeitsfreie Zeit.“

Zudem sei weit mehr in berufsbegleitende Gesundheitsprävention zu investieren. „Zu viele Pflegende scheiden vorzeitig aus, weil der Rücken geschädigt ist oder die permanent veränderten Arbeitszeiten die Erholungsphasen zerstören“, kritisiert der Patientenschützer.