Dominique Lorenz nutzt diese Ausgangsbasis für einen Ausflug, der für acht Menschen zu einem Fest der Abrechnung wird. Die eigentliche Handlung beginnt mit einer geselligen Runde: Vier Paare zwischen Mitte vierzig und Mitte fünfzig, die zum Teil schon seit Jahrzehnten miteinander befreundet sind, treffen sich, um ihre nächste Wandertour in den Bergen zu planen. Clemens (Benjamin Sadler) ist so etwas wie der Kopf der Gruppe und hat die Reise bis ins Detail geplant. Er hat sich nach langer Ehe von seiner Frau Corinna getrennt und ist nun mit der deutlich jüngeren Alexa (Anna Unterberger) verheiratet. Als er kurz nach dem Treffen überraschend stirbt, steht für die Mehrheit der Freunde fest, dass sie den Ausflug schon allein aus Solidarität mit Corinna (Juliane Köhler) ohne Alexa machen wollen, zumal Clemens’ Ex-Frau von einem sehr unangenehmen Zwischenfall mit Alexa erzählt. Als sich am Fuß der Berge überraschend auch die junge Witwe einfindet, müssen die Paare Farbe bekennen. Prompt gehen die Risse quer durch die Beziehungen, und da die Freunde einmal in Schwung sind, kommen auch einige sehr hässliche Dinge zur Sprache.
Das Ensemble-Drama (eine Wiederholung aus dem Jahr 2020) ist dank der personellen Konstellation, der vorzüglichen Dialoge und der herausragenden darstellerischen Leistungen von einer Qualität, die sich gut und gern mit den Besten messen kann; auf diesem Niveau bewegen sich sonst nur die mit diversen Grimme-Preisen gekrönten Duos Nocke/Krohmer ("Ende der Saison") oder Vattrodt/Geschonneck ("Liebesjahre"). Autorin Lorenz hatte zuvor unter anderem das Drehbuch "Marie räumt auf" (2016, ZDF) geschrieben, eine sehenswerten und gut gespielte Tragikomödie mit Tanja Wedhorn und Gaby Dohm über eine ungewöhnliche Frauenfreundschaft. Ein völlig anderer Film, aber ähnlich herausragend war "Wer hat Angst vorm weißen Mann?" (2013, ARD), eine Komödie darüber, wie Freundschaft alltäglichen Rassismus überwinden kann.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Um Vorurteile geht es auch in "Eine harte Tour", denn einige der Freunde sind überzeugt, Alexa habe den erfolgreichen Unternehmer Clemens nur wegen seines Geldes geheiratet und ihm mit ihrer Jugend den Kopf verdreht. Unbarmherzig nimmt die Autorin die dünkelhaften Akademikerinnen aufs Korn, die in der Physiotherapeutin natürlich auch eine Konkurrentin sehen, vom Saunaneid auf Alexas jungen Körper ganz zu schweigen; in solchen Momenten erinnert der Film an die bissigen Comics der kürzlich verstorbenen Claire Bretécher. Gerade Anna Schudt spielt ihre Rolle mit großem Mut zur Unattraktivität: Ulrike, eine Zynikerin, die Alexa verletzt, wo sie nur kann, ist die mit Abstand unsympathischste Figur des Films, was ihren Mann (Thomas Loibl) fast automatisch zum Sympathieträger macht.
Die traurigste Gestalt der Schwafelrunde ist jedoch Ronny (Roeland Wiesnekker), ein zur Selbstüberschätzung neigender Jammerlappen, der gern die Frohnatur gibt und mit Sprachdelikten aus den Achtzigern um sich wirft ("Ist es denn die Possibility?"). Seine Solidarität mit Corinna hat vor allem strategische Gründe, weil er auf die Aufträge ihrer Firma angewiesen ist. Neben Jonas ist Ronnys Frau Martina (Elena Uhlig) die einzige, die nicht offen Partei gegen Alexa ergreift, aber auch sie wird im Verlauf der Reise einige unbequeme Wahrheiten erfahren.
Bei Grimme-Preisträgerin Isabel Kleefeld ("Arnies Welt", 2006) ist das Drehbuch in den besten Händen. Kennzeichnend für ihre Filme ist die Fähigkeit, auch bedrückenden Stoffen heitere Momente abzugewinnen. Die Handlung von "Eine harte Tour" ist alles andere als komisch, zumal sich die Freunde im Grunde als selbstgerechter Haufen entpuppen. Trotzdem sind einige Szenen derart überhöht, dass sie fast satirisch wirken, wenn Corinna beispielsweise im Schlafzimmer ihres früheren Heims herumschnüffelt und zur großen Peinlichkeit ihres erwachsenen Sohnes (François Goeske) auf allerlei Sexspielzeug stößt. Die leutselige Musik (Kall Kollektiv) und die Auswahl anspruchsvoller Popsongs signalisieren ebenfalls, dass der Film keine Tragödie sein soll, zumal sich zwischendurch auch noch Zeit für prächtige Bergpanoramen findet (Kamera: Martin Langer, seit einigen Jahren Kleefelds bevorzugter Bildgestalter). Demgegenüber stehen allerdings Augenblicke großer Trauer; Clemens’ Tod ist ebenso berührend wie das Schlussbild, als sich Corinna in einer Bergkapelle von ihrem Ex-Mann verabschiedet.