Ihm persönlich mache das Erstarken der AfD Sorgen, sagte Gohl weiter. Christliche Grundüberzeugungen passten nicht mit dem Menschenbild "einer rechtsextremistischen Partei wie der AfD" zusammen. Maßstab, um das zu überprüfen, sei die Bibel, so der Theologe. Es gehe ihm aber nicht darum, AfD-Sympathisanten aus der Kirche auszuschließen. Vielmehr wolle er Christen, die die AfD wählten, "zum Nach- und Umdenken bewegen".
Über den Umgang der Kirche mit Sympathisanten der AfD entspann sich auf der Synode der Evangelischen Landeskirche in Württemberg eine kontroverse Debatte. Nach Worten von Hans-Ulrich Probst vom Gesprächskreis "Offene Kirche" sollte die Kirche verstärkt Argumente gegen die "neue Rechte" entwickeln. Denn Umfragen zufolge gebe es auch unter Kirchenmitgliedern eine Neigung zu Vorurteilen und autoritären Ideen.
Philipp Jägle vom Gesprächskreis "Evangelium und Kirche" äußerte ein Unbehagen bei der Forderung nach einer generellen Unvereinbarkeit von Glaube und AfD. Solange die AfD nicht von den dafür zuständigen Instanzen verboten werde, müsse man sie akzeptieren: "Aus Liebe zur Demokratie müssen wir die AfD ertragen."
Britta Gall vom Gesprächskreis "Kirche für morgen" mahnte Zurückhaltung bei Wahlempfehlungen an: "Ehe wir andere auffordern, Nächstenliebe und Mitmenschlichkeit zu fördern und zu wählen, sollten wir bei uns anfangen." Zu häufig sprächen sich Christen untereinander den Glauben ab, anstatt sich mit Liebe und Wertschätzung zu begegnen. Das müsse sich ändern, "dann wird auch unsere Außenwirkung glaubwürdiger".
Erschüttert zeigte sich Gohl angesichts der Zunahme antisemitischer Übergriffe auch in Deutschland nach dem Massaker der Hamas am 7. Oktober in Israel. Die Kirchen hätten in dieser Situation die Aufgabe, an der Seite ihrer jüdischen Geschwister zu stehen. Die Lage der Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen bezeichnete Gohl als "dramatisch". Israelis und Palästinenser dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden: "Das Leid der Menschen in Israel und das Leid der Menschen in Gaza ist furchtbar."
Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine verteidigte Gohl zuvor deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine: "Ich bin überzeugt, dass die Ukraine sich selbst verteidigen können muss." Für die Kirche wünsche er sich, dass Befürworter und Gegner von Waffenlieferungen konstruktiv miteinander im Gespräch blieben. Bisweilen stünden sich beide Seiten unversöhnlich gegenüber.
In der Debatte um eine mögliche Abschaffung oder Verlegung des wöchentlichen Sonntagsgottesdienstes plädierte Gohl für die Beibehaltung: "Wenn wir tatsächlich auf den Sonntagmorgengottesdienst verzichten würden, würde ein großes Stück öffentliches und damit sichtbares Christentum verloren gehen." In einer zunehmend säkularer werdenden Gesellschaft hielte er das "für nicht klug", so Gohl. Der Sonntagsgottesdienst sei Träger christlicher Kultur und biete einen verlässlichen Ort für die unterschiedlichen Milieus und Gruppen.