Das Vertrauen in den dauerhaften Erhalt der Demokratie in Deutschland ist laut einer neuen Studie in der jungen Generation erschreckend gering. Nur jede und jeder Zweite (54 Prozent) im Alter von zehn bis 17 Jahren trauten ihrer Generation zu, sich als Erwachsene für die Demokratie in Deutschland einzusetzen, heißt es in dem am Freitag in Berlin vorgestellten Kinderreport 2024 des Deutschen Kinderhilfswerks.
Die Hauptverantwortung bei der Vermittlung demokratischer Überzeugungen und Fähigkeiten sieht eine Mehrheit dabei nicht bei den Eltern (60 Prozent), sondern bei Schulen und Kitas (73 Prozent). Über 89 Prozent sind der Meinung, dass im Schulunterricht mehr über aktuelle politische Ereignisse gesprochen und diese erklärt werden sollten. Über 91 Prozent sind zudem der Auffassung, dass die Interessen der jungen Generation stärker in der Politik berücksichtigt werden sollten. Um die demokratischen Überzeugungen und Fähigkeiten bei jungen Menschen besser zu fördern, sollte es vor allem mehr Geld für die Kinder- und Jugendarbeit geben (92 Prozent).
Etwas optimistischer sind die Erwachsenen. Hier trauen noch zwei Drittel (67 Prozent) der jungen Generation zu, als Erwachsene Verantwortung für den Erhalt der Demokratie zu übernehmen. Zudem sehen deutlich mehr als drei Viertel (85 Prozent) die Verantwortung für die demokratische Bildung der Kinder und Jugendlichen im familiären Umfeld.
Auch bei den Gründen für den Verlust von Demokratiefähigkeit und Demokratiezufriedenheit klaffen die Einschätzungen zwischen Kindern und Erwachsenen auseinander. Während 86 Prozent der Kinder und Jugendlichen finden, dass sich die Politiker für ihre Interessen nicht genug einsetzen, sind es bei den Erwachsenen 77 Prozent. 81 Prozent der Jungen sind zudem der Meinung, dass Informationen zu Politik für sie meistens uninteressant sind (Erwachsene: 68 Prozent). 73 Prozent der Erwachsenen attestieren den Kindern genug Selbstvertrauen zur Teilhabe an demokratischen Prozessen, 59 Prozent die dafür notwendige Konfliktbereitschaft und 50 Prozent halten sie für entsprechend informiert. Die Jugend selbst hält sich dagegen für deutlich weniger informiert (neun Prozent). Auch beim Selbstvertrauen (47 Prozent) und der Konfliktbereitschaft (48 Prozent) gibt sie sich schlechtere Noten.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte bei der Vorstellung des Reports, wenn die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen sage, die Politik kümmere sich nicht um sie, "dann ist das für mich schon ein Kinnhaken". "Das darf uns als Politiker nicht kaltlassen, wenn das Vertrauen in die Demokratie fehlt", sagte Wüst. Demokratie ohne Demokraten werde nicht funktionieren. "Wir müssen um die Jugend kämpfen." Dazu gehöre unter anderem die Möglichkeit zur Mitbestimmung bereits in Kita und Schule.
Für den Kinderreport wurden nach Angaben des Deutschen Kinderhilfswerkes 1.672 Personen durch das Sozial- und Politikforschungsinstitut Verian (früher Kantar Public) befragt, davon 666 Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 17 Jahren sowie 1.006 Erwachsene ab 18 Jahren. Die Befragungen der Kinder erfolgte online, die der Erwachsenen per Telefoninterview.