Fußballtor im Sonnenaufgang
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Fußball ist in Georgien die erste Sportart. Die Teilnahme an der EM ist für viele Georgier glorreich.
Das erste Mal
Georgien blickt euphorisch auf Fußball-EM
Die politisch angespannte Lage in ihrem Heimatland beschäftigt in Deutschland lebende Georgier zwar. Dennoch freuen sie sich über die erstmalige Teilnahme ihrer Fußball-Nationalmannschaft an einem großen internationalen Turnier.

Für viele Menschen mag der 18. Juni ein ganz normaler Arbeitstag sein. Doch für Irakli Kemertelidze ist dieser Donnerstag ein besonderes Datum mit einer doppelten Premiere: Dann bestreitet die Fußball-Nationalmannschaft seines Heimatlandes Georgien bei ihrer erstmaligen Teilnahme an einem internationalen Finalturnier ihr erstes Spiel. "Fußball ist die erste Sportart überhaupt in Georgien", erzählt der in Berlin lebende Gastronom. "Es fiebert jeder mit von klein bis groß."

Bislang fanden Welt- oder Europameisterschaften im Fußball stets ohne Georgien statt. In diesem Jahr gelang es der Nationalelf aus dem Land im Südkaukasus erst auf den sprichwörtlichen letzten Drücker, sich einen Startplatz bei der Endrunde der UEFA Euro 2024 zu sichern: Ende März setzte sich das Team des französischen Trainers und ehemaligen Bayern-München-Profis Willy Sagnol im Finale der Playoffs gegen Griechenland im Elfmeterschießen durch. In Gruppe F trifft der EM-Neuling nun auf Portugal, Tschechien und sein Nachbarland Türkei.

Irakli Kemertelidze, der seit 36 Jahren in der Bundeshauptstadt lebt, plant für die drei Vorrundenspiele seines Heimatlandes Public Viewing in seinem georgischen Restaurant in Berlin. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) erzählt der 46-Jährige mit Blick auf die Auseinandersetzung zwischen prorussischen Kräften und einer in die Europäische Union (EU) drängenden Zivilgesellschaft in Georgien: "Man will schon europaorientiert sein, so wie ich." Seinen Landsleuten bescheinigt Kemertelidze: "Georgier sind sehr mutig." Doch die Sportbegeisterung sei noch "viel viel größer". Deswegen ist er sicher: Die EM-Endrunde "wird gefeiert".

Hoffen auf mehr Bekanntheit für georgischen Fußball

Das hat auch der in Hannover lebende Tornike Murtskhvaladze vor. Seine Freude über das Erreichen der EM-Endrunde sei zwar "getrübt angesichts der politisch angespannten Situation in Georgien selbst", berichtet er dem epd. Dennoch plant der Vorstandsvorsitzende des Vereins "Georgische Migrantinnen und Migranten" in der niedersächsischen Landeshauptstadt, zusammen mit Familie und Freunden die Spiele live in den Stadien anzuschauen. Sportlich erhofft sich Murtskhvaladze Siege von der georgischen Nationalmannschaft, außerdem "mehr Bekanntheit für den georgischen Fußball".

Die Nationalmannschaft selbst bereitet sich derweil im nordrhein-westfälischen Velbert auf die EM vor. Der städtische Pressesprecher Hans-Joachim Blißenbach räumt offen ein, dass den Georgiern nicht mehr viel Auswahl blieb, wo sie ihr "Base Camp" genanntes Quartier für die Vorrunde beziehen. Aber nach seinem Eindruck "sind sie gar nicht so unglücklich darüber", in Velbert untergekommen zu sein, "weil es kurze Wege sind".

Das gelte zum einen für die Strecke vom Hotel zum erst 2020 fertiggestellten Stadion, zum anderen aber auch für zwei der drei Spielorte: Ihr erstes Gruppenspiel am 18. Juni gegen die Türkei bestreitet Georgien in Dortmund, die letzte der drei Partien am 26. Juni gegen Portugal in Gelsenkirchen-Schalke. Das zweite Gruppenspiel gegen Tschechien ist für den 22. Juni in Hamburg angesetzt.

Am 12. Juni wird es nach Blißenbachs Worten ein öffentliches Training im Stadion Velbert geben. 800 Zuschauer:innen können es sich ansehen. "Wir werden die Vereine und Schulen anschreiben, dass es dafür kostenfreie Tickets gibt und die können sich dann bewerben", schildert der städtische Pressesprecher, der der georgischen Mannschaft durchaus sportlichen Erfolg zutraut: Niemand wisse, "wie weit die kommen", denn in der ersten Runde scheiden nur acht von insgesamt 24 Mannschaften aus: "Da kann Georgien auch als guter Dritter weiterkommen."