Johann Sebastian Bach in Form einer Gipsbüste
epd-bild / Peter Endig
Johann Sebastian Bach, der bis zu seinem Tod Kantor der Leipziger Thomaskirche war, hat 1724/1725 über 66 Werke komponiert.
Bach in Leipzig
Drei Fragen an den Bachfest-Intendanten
In Leipzig stehen beim diesjährigen Bachfest bis zum 16. Juni mehr als 150 Veranstaltungen auf dem Programm. Es gibt sogar eine Bach-Oper, obwohl der Barockkomponist nie eine geschrieben hat. Der Evangelische Pressedienst (EPD) hat den Bach-Intendanten dazu befragt.

epd: Herr Maul, das Motto des Bachfestes 2024 lautet "Choral total". Was verbirgt sich dahinter?

Michael Maul: In diesem Jahr feiern wir Bachs Werk in seinem zweiten Amtsjahr als Thomaskantor in Leipzig. Für jeden Sonntag- und Feiertag hat er damals ein berühmtes Kirchenlied aus dem Gesangbuch genommen und dazu eine durchkomponierte, kunstvolle Kantate vorgelegt. Es ist vielleicht die geschäftigste Zeit als Komponist in seinem gesamten Leben gewesen.

Entstanden ist der sogenannte Choralkantaten-Jahrgang 1724/1725. Es sind 66 Werke auf höchstem Niveau, die wir beim Bachfest in wenigen Tagen alle aufführen. Das hat es innerhalb eines zeitlich begrenzten Festivals noch nie gegeben. Die gesamte Bach-Welt zelebriert konzentriert diesen Zyklus. Wir haben Bach-Chöre aus aller Welt eingeladen. Außerdem erschien das erste lutherische Gesangbuch mit Chorälen 1524 in Wittenberg - vor 500 Jahren - auch das ist ein Anlass für unser Motto.

Welche Höhepunkte bietet das Bachfest in diesem Jahr?

Maul: Auf jeden Fall freue ich mich auf den gesamten Kantatenzyklus, auf die Vielfalt und die zahlreichen Chöre, die mit Enthusiasmus und großem inneren Antrieb an das Projekt herangehen. Wir werden eine große Bandbreite an Interpretationen erleben. Gespannt bin ich auch auf die Bach-Oper "Die Apokalypse", die in den Niederlanden mit unglaublicher Kreativität erstellt wurde, obwohl Bach nie eine Oper geschrieben hat. Es ist eine Art Collage aus seinen Werken, die den lebendigsten Beweis liefert, dass Bach auch ein begnadeter Opernkomponist gewesen wäre.

"Die Leute kommen nach Leipzig, weil sie Bachs Musik an den originalen Wirkungsstätten des Komponisten hören wollen."

Was unterscheidet das Bachfest Leipzig von anderen Musikfestivals in Deutschland?

Maul: Erst einmal sind wir grundsätzlich auf einen bestimmten Komponisten fixiert: Johann Sebastian Bach. Das heißt nicht zwangsläufig, dass wir nur Bach musizieren. Aber die Leute kommen nach Leipzig, weil sie Bachs Musik an den originalen Wirkungsstätten des Komponisten hören wollen. In der Thomaskirche und der Nikolaikirche hat Bach viele seiner Werke uraufgeführt. Es ist ein Riesengeschenk, dass wir diese originalen Orte noch haben. Die Gäste schätzen, dass sie beim Festival in Leipzig von früh bis abends Bach genießen und zahlreiche Bach-Fans treffen können. Die Tickets werden in mehr als 50 Länder verkauft. Das ist bei keinem anderen Musikfestival in Deutschland der Fall.

Mit einem Konzert in der Thomaskirche wird am Freitag in Leipzig das diesjährige Bachfest eröffnet. Bis zum 16. Juni stehen mehr als 150 Veranstaltungen auf dem Programm, unter dem Motto "Choral total" werden unter anderem alle 66 Kantaten aus Johann Sebastian Bachs (1685-1750) zweitem Leipziger Amtsjahr 1724/25 aufgeführt. Das Bachfest feiert neben 300 Jahren Choralkantaten-Zyklus auch das Erscheinen des ersten lutherischen Gesangbuchs mit Chorälen vor 500 Jahren. Die Bach-Medaille der Stadt Leipzig geht in diesem Jahr an den Cembalisten und Pianisten Andreas Staier. Sie wird am 14. Juni überreicht.