"Als Christ folgte er einem klaren moralischen Kompass: Wer vor Krieg, Gewalt oder Hunger flieht, muss geschützt werden", sagt die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Beate Hofmann, auf der Gedenkfeier zum Mord an Walter Lübcke in Kassel. Die Gesellschaft dürfe sich von Extremisten nicht einschüchtern lassen.
Zum Gedenken an Lübcke hatten das Regierungspräsidium Kassel, die Evangelische Kirchengemeinde Kassel-Mitte und der Verein "Offen für Vielfalt - Geschlossen gegen Ausgrenzung" eingeladen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigt den ermordeten CDU-Politiker Lübcke als Kämpfer für die Grundwerte der Bundesrepublik.
"Wir wissen nicht, ob der Mord an Walter Lübcke hätte verhindert werden können", sagt er am Sonntag bei einer Gedenkfeier in Kassel. "Aber wir wissen, dass wir nicht genug getan haben, um die Gefahr abzuwenden." Beim Gedenken an die Ermordung des früheren Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke kommt der Kasseler Martinskirche mit ihrer Osanna-Glocke eine besondere Rolle zu. Die Glocke läutet nur viermal im Jahr zu bestimmten Anlässen.
Das Läuten der Osanna-Glocke am Gedenktag sei "ein Weckruf, eine Bewusstseinsschärfung", sagt der Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Kassel-Mitte, Willi Temme, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Glocke rufe zu Rechtsstaat, Freiheit, Demokratie und innerem Frieden auf. Die Glocke mahne: "Seid wach, nehmt wahr, was passiert ist."
Der CDU-Politiker war in der Nacht zum 2. Juni 2019 auf der Terrasse seines Wohnhauses in Wolfhagen-Istha (Landkreis Kassel) von dem Rechtsextremisten Stephan Ernst erschossen worden. Der Mörder wurde am 29. Januar 2021 zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Ob er tatsächlich als Einzeltäter handelte, konnte nicht abschließend geklärt werden. Zum 5. Jahrestag der Ermordung von Regierungspräsident Walter Lübcke veranstaltet die Stadt Kassel ab 12 Uhr ein Demokratiefest auf dem Martinsplatz.