Göttinger Grünen-Abgeordnete bei Straßen-Wahlkampf verletzt
Politiker mehrerer Parteien verurteilen den Angriff auf die Göttinger Grünen-Landtagsabgeordnete Marie Kollenrott. Die 39-Jährige wurde am Samstag an einem Wahlkampfstand verletzt. Die Attacke reiht sich in eine Liste von Übergriffen ein.

Göttingen (epd). Politikerinnen und Politiker mehrerer Parteien haben den Angriff auf die Göttinger Grünen-Landtagsabgeordnete Marie Kollenrott scharf kritisiert. „Was wir derzeit erleben, ist eine gefährliche Entwicklung“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Die 39-jährige Kollenrott war am Samstag an einem Wahlkampfstand ihrer Partei in der Göttinger Innenstadt von einem Mann attackiert worden.

Wie die Polizei mitteilte, erlitt die Politikerin bei der Attacke leichte Verletzungen an den Armen. Beamte hätten den mutmaßlichen Täter kurz nach dem Zwischenfall in der Nähe ergreifen können. Der 66 Jahre alte Göttinger sei nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen und einer Identitätsfeststellung vor Ort entlassen worden. Das Staatsschutzkommissariat hat die weiteren Ermittlungen gegen ihn unter anderem wegen Körperverletzung übernommen.

Zeugenaussagen zufolge hatte sich der Mann zuvor in Höhe des Wahlkampfstandes der Grünen abfällig über die Partei geäußert. Es habe sich eine kurze kontroverse Diskussion entwickelt, dann sei der Angreifer plötzlich auf Kollenrott zugegangen und habe sie mehrfach gegen den Oberkörper geschlagen.

Kollenrott berichtete dem „Göttinger Tageblatt“, der Angreifer habe sie unter anderem mit Faustschlägen traktiert. Mehrere Menschen seien sofort dazwischengegangen und hätten wahrscheinlich Schlimmeres verhindert. Sie selbst habe kurzzeitig „unter Schock“ gestanden. Nachdem sich der Mann nach dem Übergriff entfernt habe, hätten sie und ein Begleiter die Verfolgung aufgenommen und die Polizei alarmiert.

Ministerpräsident Weil sagte mit Blick auf vorangegangene Angriffe auf Politiker: „Es hört nicht auf, es ist schon wieder passiert und es wird leider voraussichtlich nicht der letzte Vorfall dieser Art sein. Es ist und bleibt nicht hinnehmbar, dass Politikerinnen und Politiker im Wahlkampf immer wieder Opfer von gewalttätigen Übergriffen werden.“

„Unsere Demokratie funktioniert nur, wenn Menschen sich für ihre Überzeugungen auch sichtbar in der Öffentlichkeit engagieren“, fügte Weil hinzu. Sie brauche eine lebendige Parteienlandschaft, die konstruktiv mitwirke an der politischen Willensbildung.

Auch die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Katrin Göring-Eckardt (Grüne) betonte auf „X“, vormals Twitter, die Demokratie lebe von Menschen, die sich einbringen. Sie wünsche Kollenrott eine „rasche Genesung. Physisch und seelisch“.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im niedersächsischen Landtag, Anne Kura, bezeichnete körperliche Attacken auf Demokratinnen und Demokraten als „Angriff auf die Demokratie“. Der einstige Göttinger Grünen-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin unterstrich: „Die Gewalt darf keinen Platz haben“.

Der Göttinger Vorfall reiht sich ein in eine längere Liste von Angriffen auf Politiker. Zuletzt war unter anderem der sächsische SPD-Europaspitzenkandidat Matthias Ecke in Dresden beim Plakatieren zusammengeschlagen worden. Er erlitt Knochenbrüche im Gesicht. Marie Kollenrott ist seit 2021 Grünen-Landtagsabgeordnete und klima- und energiepolitische Sprecherin ihrer Fraktion.