Schon mit ihrem Einstandsgottesdienst vor ein paar Wochen machte Julia Braband deutlich, dass sich mit ihr manches in der Gemeinde ändern wird. Statt einer klassischen Predigt, hatte die 31-Jährige mehrere Gebetsstationen im Kirchenraum ihrer Erfurter Gemeinde vorbereitet. Darunter etwa eine improvisierte Gebetsmauer. Das interaktive Konzept sei von allen gut angenommen worden, berichtet Braband. "Über alle Generationen hinweg! Das hat mich richtig gefreut", schwärmt sie.
Nach zweieinhalb Jahren Vikariat hat sie vor knapp zwei Monaten die Geschäftsführung und damit auch die Verantwortung für alle anfallenden Entscheidungen übernommen. "Man wird ganz anders angefragt als Pfarrerin", sagt Julia Braband. "Vorher war ich noch die Vikarin, noch nicht ganz fertig, jetzt werde ich als Pfarrerin gesehen." Braband findet das durchaus auch positiv. Zwar sei die Verwaltungsarbeit manchmal eine Herausforderung, aber "ich kann freier entscheiden."
Ihre Entscheidung zum Pfarrberuf fiel schon vor langer Zeit. "Als Jugendliche habe ich beim Vorbereiten der Gottesdienste geholfen", erinnert sie sich. Dann, nach dem Abitur, standen Medizin oder Theologie zur Wahl. Braband entschied sich zunächst für Ersteres und machte eine Ausbildung zur Krankenschwester. Das Überraschende: Bis heute arbeitet sie in dem Beruf. Im Katholischen Krankenhaus in Erfurt übernimmt die Pfarrerin zwei Dienste im Monat. Denn: "Krankenschwester sein", sagt sie, "ist mehr als ein Beruf". Genauso wie das Pfarrerinsein. "Die beiden bedingen sich sehr - im Krankenhaus gibt es immer Momente der Seelsorge. Und als Vikarin hat es mir bei Trauerfällen sehr geholfen, dass ich schonmal jemanden sterben gesehen hatte."
Wenn sie nicht im Krankenhaus arbeitet, dann ist Braband aber voll und ganz für ihre Gemeinde zuständig. Sie sprudelt gerade so vor Ideen, was sie in ihrer Pfarrei umsetzen oder einführen möchte. Eines ihrer größten Anliegen ist die Beteiligung anderer sozialer Akteure im nächsten Umfeld. "Wir sind hier direkt neben einer Plattenbausiedlung. Ich sehe das als große Chance als Kirche in der Gesellschaft mitwirken zu können, unsere Botschaft in die Welt zu tragen", beschreibt sie. Konkret steht bald ein Schülerfreiwilligentag mit der örtlichen Regelschule an, bei dem ihre Gemeinde mitwirkt. "Damit wollen wir Schülerinnen und Schülern zeigen, dass es Kirchen gibt und dass die nicht langweilig sein müssen."
Sie weiß aber auch: Veränderung ist nicht einfach. In vielen Köpfen gelte das Credo: "Das haben wir schon immer so gemacht" und das will Braband aufrütteln. Sie sagt: "Kirche kann so viel mehr und ist kein starres Konstrukt. Um das Potential auszuschöpfen müssen wir an vielen Stellen schrauben." Dazu gehöre etwa der Gottesdienst um 14 Uhr oder eine überregionale Bündelung der Angebote. "Ich schaue da gerne über den Tellerrand hinaus und gucke mir an, wie das andere Gemeinden handhaben", sagt sie. Man müsse über Grenzen hinweg denken.
Wichtig ist es Julia Braband auch, zu zeigen: Wir sind eine vielfältige Kirche. Da kommt wieder die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren wie Schule oder Feuerwehr ins Spiel. "Ich würde uns gerne als Miteinander verstehen und nicht als einzelne Player", sagt sie. "So haben wir die Chance, uns etwas Neues aufzubauen und unsere christlichen Akzente zu setzen."