Die Dorfkirche im sächsischen Selben ist die "Kirche des Jahres 2024" der Stiftung zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler in Deutschland (Stiftung KiBa). Pfarrer Daniel Senf wurde von evangelisch.de die frohe Botschaft überbracht. "Ich habe es gehofft. Wir freuen uns riesig", sagte er am Telefon. Bei der Abstimmung über diesen Publikumspreis entfielen 640 Stimmen auf das Gotteshaus; knapp dahinter lag mit 587 Stimmen die Martinskirche in Zainingen (Baden-Württemberg). Dritte Siegerin ist die Dorfkirche Schweinitz (Sachsen-Anhalt), die 554 Stimmen erhielt, so informierte heute die Evangelische Kirche in Deutschland.
"Es ist eine Hoffnungsgeschichte, die sich in Selben ereignet", so liest es sich über die Kirche in der Ortschaft, die im April 2023 auch schon zur "Kirche des Monats" gekürt wurde, auf der dazugehörigen Website. Die Dorfkirche des kleinen sächsischen Ortes war eigentlich schon dem Verfall preisgegeben. Die Fenster vernagelt, die Tür versperrt. Doch das Dorf entschied sich, für den Erhalt zu kämpfen.
Der "Förderkreis Kirche Selben" schloss sich zusammen, suchte und fand Gelder. Das Gebäude wurde notgesichert, das Kirchenschiff trockengelegt, das Dach neu eingedeckt und der Glockenstuhl restauriert. Dank einer anonymen Spende erhielt die Kirche sogar eine neue Uhr. Auch die KiBa unterstützte die notdürftige Sanierung des Gotteshauses im Laufe der Jahre zwei Mal.
"Alle sind hoch engagiert"
"Das ist das Schöne an Selben", sagte Daniel Senf, "alle sind hoch engagiert und wollen, dass die Kirche bleibt". Der Theologe, der für 16 Gotteshäuser in der Region zuständig ist, schätzt die Selbener Dorfkirche besonders für ihre Integrationskraft. "Es gibt hier ein Neubaugebiet mit vielen jungen Familien, die in die Peripherie von Leipzig gezogen sind. Die Kirche schafft es, Alteingesessene und Neuzugezogene wunderbar zusammenzubringen."
Die Kirche in Selben stammt aus dem Spätmittelalter und gehört zu den ältesten Gotteshäusern in Nordsachsen. Um 1500 wurde das spätgotische Kirchlein erbaut. Es trägt einen turmartigen, hölzernen Dachreiter über dem Westgiebel. Eine in die nördliche Chorwand eingelassene Sakramentsnische stammt aus dieser Entstehungszeit. Um 1700 erhielt die Kirche ihren damals modernen, aus Holz gefertigten Kanzelaltar im Stil des Barock, der bis heute erhalten ist.
Anders als die meisten anderen Dorfkirchen ist das Bauwerk in Selben aus Feldsteinen errichtet. In doppelter Weise grundlegend für seinen Lebenslauf: die in ein Gemisch aus Kalk und Sandstein eingebetteten Steine des flachgegründeten Fundaments. In dem morastigen Gelände der Region hatte sich diese Bauweise jahrhundertelang bewährt – bis der Braunkohle-Tagebau begann und der Grundwasserspiegel sank. Insbesondere in den letzten Jahrzehnten der DDR zeigten sich die dramatischen Folgen des Bergbaus im Kirchengebäude: Der Fußboden senkte sich an einigen Stellen gefährlich ab, die Statik geriet ins Wanken. Die Gemeinde gab das Kirchlein auf.
Kirche in Zainingen aus dem 15. Jahrhundert
Die Kirche in Zainingen wurde vermutlich im 15. Jahrhundert errichtet und 1908 nach Plänen des Architekten Martin Elsässer renoviert. Seitdem ist der obere Teil des Kirchturms in Fachwerkausführung zu sehen. Das Gebäude wird von einer sechs bis acht Meter hohen Ringmauer umschlossen. Sie bot Kaufleuten, die auf der Handelsstraße von Paris nach Prag mit ihren Fuhrwerken durch den Ort kamen, in gefährlichen Situationen Zuflucht. Die KiBa förderte die Instandsetzung des Turms mit 10.000 Euro.
Das Gotteshaus in Schweinitz, für das die KiBa 15.000 Euro zur Verfügung stellte, wird auch "Heidereiterkirche" genannt. Diesen Namen erhielt es vermutlich von Hans Jacob Sembach, der als königlich preußischer "Heidereiter" für die Einhaltung der Ordnung des umliegenden Waldes zuständig war. Eine Inschrift an der südlichen Empore der Altarwand von 1736 bezeugt, dass er einst eine Erneuerung des Gotteshauses veranlasste.
Knapp 5000 Personen beteiligten sich per Post und online an dem Wettbewerb, zu dem die von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gegründete Stiftung aufgerufen hatte. Zur Wahl standen zwölf Gotteshäuser, die die KiBa im vergangenen Jahr als "Kirchen des Monats" gewürdigt hatte. "Die hohe Beteiligung am Wettbewerb zeigt, wie viele Menschen die jeweiligen Kirchengemeinden mobilisieren konnten und wie hoch die Bindung an die einzelnen Gotteshäuser ist", sagt KiBa-Geschäftsführerin Catharina Hasenclever.
Mehr unter www.kirchedesjahres.de.
Die Stiftung zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler in Deutschland (Stiftung KiBa) ist eine Stiftung der EKD und der evangelischen Landeskirchen. Seit 1999 hat sie Zusagen für Sanierungsvorhaben in Höhe von rund 35,5 Millionen Euro geben können. Für dieses Jahr hat die KiBa bislang Förderzusagen von 1,8 Millionen Euro vorgesehen. Rund 3.600 Mitglieder engagieren sich bundesweit im "Förderverein der Stiftung KiBa e. V."