hohe Arbeitslosigkeit, Beschäftigung in segregierenden Werkstätten und Schwierigkeiten beim Übergang auf den ersten Arbeitsmarkt. Der Bericht der Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte macht deutlich, dass die drei großen Probleme, die der UN-Fachausschuss Deutschland als Ganzes attestiert hat – eine hohe Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderungen, viele Werkstattbeschäftigte und eine niedrige Zahl von Übergängen auf den ersten Arbeitsmarkt – auch in Berlin deutlich zu erkennen sind.
"Im letzten Jahr wurde von den Vereinten Nationen zum zweiten Mal überprüft, wie Deutschland die UN-BRK umsetzt. Angelehnt an die Beobachtungen und Empfehlungen, die der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Rahmen der Staatenprüfung Deutschlands geäußert hat, haben wir untersucht, wie sich die Lage im Land Berlin darstellt. Dabei hat sich ein durchwachsenes Bild ergeben", so Frieder Kurbjeweit, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Länderprojekts Berlin der Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention.
Wenngleich die Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderungen konjunkturell bedingt in Berlin in den letzten Jahren sank, ging die Anzahl von Menschen, die in segregierenden Behindertenwerkstätten arbeiten, nicht zurück, sondern befindet sich seit 2016 auf unverändertem Niveau. Diese Menschen haben von der verbesserten Arbeitsmarktlage der letzten Jahre nicht profitiert. Die bundesgesetzlichen Förderinstrumente für eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt werden bisher kaum genutzt. Berlin hat es versäumt, die Vermittlung von Budgets für Arbeit offensiv anzugehen. Gemessen an der Bevölkerungszahl arbeiten beispielsweise in Hamburg achtmal so viele Menschen mit Behinderungen mit einem Budget für Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt.
Fehlende inklusive Berufsausbildung
Noch gravierender stellen sich die Umsetzungsprobleme beim Budget für Ausbildung dar, das als Ausgangspunkt für eine Berufslaufbahn außerhalb einer Werkstatt fungieren könnte. Laut dem im Dezember 2023 erschienenen Zwischenbericht zum Maßnahmenplan der Landesregierung " Berlin inklusiv – Berliner Maßnahmenplan 2020 bis 2025 zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention" wurden in ganz Berlin erst zwei Budgets für Ausbildung realisiert.
Viele junge Menschen mit Behinderungen in Berlin starten jedes Jahr eine Tätigkeit in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen, obwohl aktuelle Studienergebnisse nahelegen, dass insbesondere junge Menschen mit Behinderungen sich eine andere berufliche Zukunft wünschen. Weiterhin verhindern das segregierende Schulsystem und eine Vielzahl von Barrieren beim Übergang in die Ausbildung oder auf dem Arbeitsmarkt eine gleichberechtigte Teilhabe an Arbeit.
Umsetzung des Koalitionsvertrags nicht absehbar
"Der Koalitionsvertrag hat erfreulicherweise bereits vor der Staatenprüfung sehr ähnliche Probleme in den Fokus genommen, wie wir sie auch in den Handlungsempfehlungen in unserem Bericht ansprechen", so Frieder Kurbjeweit. Zwar seien politische Vorhaben formuliert worden, die direkt an die Empfehlungen des UN-Fachausschusses anschließen, doch sei aktuell jedoch nicht zu erkennen, dass die dafür notwendigen Umsetzungsschritte unternommen werden.
"Es wäre dringend notwendig, jetzt den rechtlichen Rahmen für die Erhöhung der Ausgleichsabgabe für öffentliche Arbeitgeber zu schaffen und eine breite Kampagne zur Anspruchnahme der Budgets für Ausbildung und für Arbeit zu starten", so Kurbjeweit weiter
Der UN-Fachausschuss hat sich in seinen Empfehlungen zur Staatenprüfung Deutschlands zu vielen Lebensbereichen von Menschen mit Behinderungen geäußert und damit sämtliche Ressorts auch der Berliner Landesebene adressiert. Die Bedeutung der Ergebnisse für das Land Berlin wird die Monitoring-Stelle in Kooperation mit den inklusionspolitischen Sprecher:innen der demokratischen Fraktionen im Abgeordnetenhaus mit Berliner Parlamentarier:innen, Vertreter:innen von Menschen mit Behinderungen und der Berliner Verwaltung in einer Fachtagung am 06. September 2024 erörtern. Schwerpunktthemen werden die inklusive Bildung, die Rechte von geflüchteten Menschen mit Behinderungen, inklusive Arbeit und Beschäftigung sowie Politische Partizipation sein.