epd: Manche glauben ja, dass sich Motorrad fahrende Pfarrer diese Gottesdienste ausgedacht haben, weil sie nichts Besseres zu tun haben, als ihr eigenes Hobby zu pflegen. Was sagen Sie dazu?
Frank Möwes: Nein, entstanden sind diese Gottesdienste bereits in den 1960er-Jahren in Berlin, als die Motorräder vom Alltagsgerät in den Bereich des Hobbys übergingen. Damals sind dann die Motorradclub-Mitglieder auf die Pfarrer zugekommen und haben um solche Gottesdienste gebeten. Es waren oft Erinnerungsfahrten, auch an Menschen, die im Lauf des Jahres im Straßenverkehr gestorben sind. Zu dieser Zeit gab es noch ganz andere Unfallzahlen.
Von dem, was die Maschinen heute technisch an Assistenzsystemen mitbringen, haben sie ein grandioses Niveau erreicht. Das gab es noch nie zuvor. Auf der anderen Seite gibt es heute mehr Verkehr und die Maschinen selbst bringen viel mehr Leistung mit. Die haben zum Teil über 200 PS. Deswegen ist die Sache wirklich nicht viel sicherer als früher.
Tausende Biker werden wieder zum Motorrad-Gottesdienst in Straubing erwartet. Was wollen Sie den Menschen mit auf ihren Weg geben?
Möwes: Es geht in keiner Weise darum, zu lautes, schnelles Fahren oder rücksichtsloses Verhalten irgendwie theologisch zu legitimieren. Das ist so ein klassisches Vorurteil gegenüber dem Motorradfahren. Letztlich ist die Botschaft, die wir rüberbringen wollen, gar nicht auf das Motorrad bezogen, sondern es ist eine ganz normale Verkündigung für die Menschen, die zu uns kommen. Wir haben als Motorradfahrer eine gemeinsame Sprach- und Erfahrungsebene. Ich kann viele menschliche Erfahrungen transportieren, indem ich sie auf das Motorradfahren übertrage. Zum Beispiel ist das In-Schräglage-Fahren der große Genuss. Wenn aber das Leben in Schräglage gerät, ist das eher unangenehm. Man kann auch vom Motorradfahren lernen, weil der Blick voraus ganz wichtig ist - eben dieser Hoffnungsblick, den ich mitbringen muss.
"Wir haben als Motorradfahrer eine gemeinsame Sprach- und Erfahrungsebene"
Motorradfahren wird gerade von Umweltschützern immer wieder kritisiert. Auch der Lärm stört viele Anwohner. Was sagen Sie dazu?
Möwes: Beim Thema Lärm bin ich auf der Seite der Kritiker. Es gibt tatsächlich viele, die zu laut unterwegs sind. Das kann man aber nicht nur den Verbrauchern vorwerfen, sondern auch der Industrie, die Auspuffanlagen baut, die jenseits von Gut und Böse sind. Der Gesetzgeber ist dabei, dem einen Riegel vorzuschieben. Die Euro-Norm 5+ finde ich völlig okay. Ich denke, wir Motorradfahrer sägen am eigenen Ast, wenn wir zu laut unterwegs sind.
Beim Thema Umweltschutz finde ich interessant, dass dieser Vorwurf immer nur an Motorradfahrer gerichtet wird. Wenn es ums Thema Fliegen geht oder um individuelle Urlaubsfahrten, wird ebenso eine Umweltkatastrophe verursacht. Trotzdem heißt es immer nur: Die Motorradfahrer verschwenden Benzin. Da muss man fair bleiben. In Deutschland werden 25 Prozent der gesamten CO2-Ausstöße vom Straßenverkehr verursacht. Von diesen 25 Prozent kommen nur zwei Prozent von Motorradfahrern.
Das umfangreiche Vorprogramm für Motorradfahrer mit Ausstellungen sowie Reaktions-, Hör- und Sehtests beginnt am 28. April um 11 Uhr in der Messehalle in Straubing, der Gottesdienst mit Segnung und Korso beginnt um 14 Uhr.