"Wenn mühsam gefundene politische und gesellschaftliche Kompromisse in dieser Frage aufgekündigt werden, wird darunter nicht nur das ungeborene Leben zu leiden haben, sondern am Ende auch Frauen selbst", sagt Andreas Lob-Hüdepohl der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die bisherige Gesetzgebung sei ein sinnvoller Ausgleich zwischen dem Lebensrecht des Kindes und dem Selbstbestimmungsrecht der Frau, der nicht zunichtegemacht werden sollte, sagt der Theologe und Professor an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen in Berlin.
Der Paragraf 218 im Strafgesetzbuch verbietet grundsätzlich den Schwangerschaftsabbruch. Eine Abtreibung bleibt aber straffrei, wenn sie innerhalb der Frist von drei Monaten erfolgt und die schwangere Frau eine Beratung in Anspruch genommen hat. Wie Anfang der Woche bekannt wurde, empfiehlt eine von der Bundesregierung eingesetzte Fachkommission eine vollständige Entkriminalisierung von Abtreibungen zumindest für die ersten Schwangerschaftswochen.
In der Gesellschaft seien die Grundannahmen des bisherigen Kompromisses brüchig geworden, sagt Lob-Hüdepohl. Wer Embryonen nur für einen Zellverband halte, "der kann kein Verständnis dafür haben, dass das Recht des Embryos auf Schutz moralisch genauso schwer wiegen könnte wie das Recht der Frau auf Selbstbestimmung. Der kann kein moralisches Dilemma sehen."