Fünf Tage nach dem vorsätzlich gelegten Brand mit vier Toten in einem Mehrfamilienhaus in Solingen haben etwa 700 Menschen mit einem Trauermarsch der Opfer gedacht. Nach Angaben der Behörden zogen die Trauernden von der Innenstadt zu dem ausgebrannten Wohnhaus im Stadtteil Höhscheid, wo ein Imam ein muslimisches Gebet sprach und Koran-Verse rezitierte. Bei dem Feuer waren in der Nacht zum Montag die vier Mitglieder einer aus Bulgarien stammenden islamischen Familie gestorben. Die Hintergründe der Tat sind weiter unklar, nach dem oder den Tätern wird weiter gefahndet.
Während des Trauerzuges wurden zahlreiche bulgarische und vereinzelt auch türkische Fahnen geschwenkt. Teilnehmer des Marsches trugen Bilder der bei dem Brand ums Leben gekommenen Familie vor sich her und riefen in Sprechchören auf Deutsch und Bulgarisch "Wir wollen Gerechtigkeit", "Kein Hass in Solingen" und "Wir fordern Aufklärung". An dem Trauermarsch nahmen neben Vertretern von Stadt, Wohlfahrtsverbänden und Kirchen auch diplomatische Vertreter Bulgariens und der Türkei teil.
Der Vorsitzende des islamischen Ditib-Bundesverbands, Muharren Kuzey, sagte, der Brand wecke Erinnerungen an Pfingsten 1993, als vier junge Männer aus der Neonazi-Szene in Solingen das Haus der türkischstämmigen Familie Genç in Brand gesetzt hatten. Zwei Frauen und drei Mädchen im Alter von 4 bis 27 Jahren starben damals, weitere Familienmitglieder wurden teils lebensgefährlich verletzt. Die Tat war einer der folgenschwersten ausländerfeindlichen Anschläge der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die Superintendentin der Evangelischen Kirchenkreises Solingen, Ilka Werner, sagte dem epd, es sei verständlich, dass der Brand solche Erinnerungen wecke. Sie hoffe, dass "die Ermittlungen bald zu einem klaren Ergebnis führen". Sie nehme eine "Angst vor der aggressiven und ausgrenzenden Stimmung im Land" wahr.
Die Familie im Dachgeschoss des ausgebrannten Wohnhauses hatte dem in der Nacht gelegten Feuer nicht entkommen können. In den Flammen starb das bulgarische Paar im Alter von 28 und 29 Jahren mit seinen drei Jahre und fünf Monate alten Kindern, acht Menschen wurden verletzt. Nach dem vorläufigen Brandgutachten wurden laut Staatsanwaltschaft im hölzernen Treppenhaus des Gebäudes Reste von Brandbeschleuniger gefunden. Es habe sich daher um Brandstiftung gehandelt.
Migrantenverbände und der Islamverband Ditib haben die Vermutung geäußert, dass es sich um einen fremdenfeindlichen Brandanschlag handelte. Der zuständige Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Samstagnachmittag, ein extremistischer Hintergrund sei zwar nicht ausgeschlossen, es gebe dafür aber weiterhin keine Hinweise. Daher sei auch der Staatsschutz bislang nicht eingeschaltet worden. Die Ermittlungen würden weiterhin "komplett offen geführt". Ein zwischenzeitlich festgenommener junger Mann war nach Überprüfung seines Alibis wieder freigelassen worden.