evangelisch.de: Was ist Ihr Lieblingswitz, Herr Mosig?
Jörg Mosig: Das ist ein Witz, den ich bei jeder Osterpredigt dieser Art erzähle: "Treffen sich drei Pastoren. Sie haben Fledermäuse, die sie nicht los werden. Der eine hat vergebens Gift gestreut, der andere hat versucht, sie auszuräuchern, der dritte lächelt ganz vergnügt und sagt: Das Problem hab ich nicht. Erst hab ich sie getauft, dann hab ich sie konfirmiert und jetzt sind sie weg."
Der ist gut. Lachen Sie auch sonst gerne in Ihrem Leben?
Mosig: Ich denke schon. Einer meiner Standartsätze bei den Konfirmanden ist: Zur Glaubensfreude gehört die Lebensfreude und umgekehrt.
Wie kommen Sie zu Ihrem Witze-Repertoire?
Mosig: Ganz viele Menschen aus der Gemeinde senden mir ihre Lieblingswitze zu. Eine fast blinde Frau hat mir ihren Witz aufgeschrieben. Das war sehr anrührend, weil die Frau so zerbrechlich ist. Das sind schöne Gesten aus der Gemeinde. Einen Stapel habe ich schon. Auch habe ich mehrere Witzebüchlein bekommen. Das ist mittlerweile fast wie ein Brauch bei uns.
Wie lange erzählen Sie die Witze während Ihrer Predigt?
Mosig: So lange bis die Gemeinde lacht. Danach geht es mit einem österlichen fröhlichen Grundtenor weiter. Das Absurde ist, dass ich eigentlich gar kein Witzeerzähler bin. Ich vergesse die Pointen immer.
Wie sind Sie überhaupt auf diese Idee gekommen?
Mosig: Ich bin Kirchenhistoriker und es geht um den jahrhundertealten Brauch des Osterlachens. Der ist mittlerweile eher in Vergessenheit geraten. Die Reformatoren Luther und Co. in der evangelischen Kirche mochten den Brauch überhaupt nicht, weil es zu ihrer Zeit in der Tat etwas ausartete. Die Witze waren sehr derbe. Es gab Pastoren, die sollen auf der Kanzel einen Handstand gemacht haben. Daher hatten die Reformatoren eher Bauchschmerzen mit dem Osterlachen. Ich finde, es ist eine ganzheitliche Methode, um Ostern verständlich zu machen, um das Befreiende zu erleben.
Wie lange gestalten Sie schon die Gottesdienste auf diese Art und Weise zu Ostern?
Mosig: Ich mache das seit 20 Jahren. Zu Anfang waren die Leute eher verdutzt, dass sie in der Kirche lachen dürfen. Ich erkläre ihnen natürlich immer, welche Bedeutung das Lachen hat.
Wie schaffen Sie es, dass es nicht nur um die Witze geht, sondern um die spirituelle Dimension?
Mosig: Es geht darum, das Befreiende des Osterfestes zu erleben. Das darf man mit dem ganzen Körper erleben durch das Lachen. Es ist aber kein hämisches Lachen. Blondinenwitze erzähle ich nicht. Die Osterbotschaft soll auf andere Weise getragen werden. Es ist schon eine Gratwanderung, der ich gerecht werden muss. Die Witze sind eingebaut in das gesamte Geschehen der Osterbotschaft, und gerade zu Ostern dürfen wir Christen auch lachen. Der Tod wird sozusagen ausgelacht. Alles darf ausgelacht werden. Wer lacht, spürt die Lebenslust - und zu Ostern geht es um das Leben, um den Sieg des Lebens über den Tod.
Man spricht ja heute immer von der Ganzheitlichkeit. Das Osterlachen ermöglicht den Gottesdienstbesuchern, die Osterbotschaft mit allen Sinnen wahrzunehmen. Wir sehen etwas, wir schmecken etwas. Es gibt das Abendmahl. Und wir dürfen eben auch lachen. Wir machen auch das Ostereier-Wettrollen.
Was hat es mit dem Ostereier-Wettrollen auf sich?
Mosig: Ich habe eine Zeitlang in England gelebt. Dort ist es Brauch, zumindest in Schottland, dass man Ostereier von Hügeln herunter rollt. Das Ei, dass am weitesten und heil rollt, hat gewonnen. Dahinter steht auch wieder eine theologische Botschaft. es geht um den Stein, der vom Grab Jesu weg gerollt wird. Da wir hier in Rinteln aber keine Hügel haben, machen wir das der Einfachheit halber auf dem Kirchplatz.
Das Osterlachen ist ein jahrhundertealter Brauch. Die Teilnehmer des Ostergottesdienstes wurden zum Lachen gebracht. Mit dem Osterlachen sollte die Osterfreude zum Ausdruck gebracht werden. Es sollte die Überlegenheit und der Sieg über den Tod symbolisiert werden, der sich an Christus "verschluckt" hat und der Lächerlichkeit preisgegeben ist.