Backlash - Die neue Gewalt gegen Frauen
Das Sachbuch erklärt, warum trotz größerer Gleichberechtigung der Geschlechter die Gewalt gegen Frauen zunimmt.
Vor einem gut recherchierten Hintergrund spricht die Autorin vom "feministischen Paradox": Je selbstbestimmter, sichtbarer und mächtiger Frauen sind, desto mehr Gewalt schlägt ihnen entgegen. Sie findet in Beziehungen, der digitalen Öffentlichkeit und auf der politischen Bühne statt und ist nicht nur ein Phänomen in "demokratisch noch ungeübten Ländern". Während physische Gewalt oft sichtbar ist, ist es für Frauen unmöglich, psychische Gewalt anzuzeigen. Und durch ein hohes Maß an Gewalt im Internet findet eine Normalisierung statt, sodass wir auch bei extremen verbalen Ausfällen nicht mehr mit der Wimper zucken. Bis auf einige Begriffe aus dem Bereich sozialer Medien, die nicht erklärt werden, ist das Buch verständlich und klar in seiner Argumentation. Anders als angekündigt enthält das Buch keine konkreten Vorschläge, wie der Gewalt zu begegnen ist. Es lenkt lediglich die Aufmerksamkeit auf das Problem und Bereiche, in denen es auftritt, um ein Bewusstsein dafür zu schaffen. Daher meine Empfehlung zu gemeinsamer Lektüre und regem Austausch.
Wiebke Richter
Kaiser, Susanne: Backlash - Die neue Gewalt gegen Frauen.
Stuttgart: Tropen 2023. 221 S. ; 22 cm.
ISBN 978-3-608-50172-8, geb.: 22,00 Euro
Gegen Frauenhass
Frauenhass ist omnipräsent.
Ein fiktives, aber sehr realistisches Fallbeispiel dient als Rahmen: Lisa M. verliebt sich, ihr Freund gewinnt zunehmend Kontrolle über ihr Leben. Sie gerät in eine Gewaltspirale, aus der sie sich nicht befreien kann – und wird schließlich von ihrem Mann getötet. Mit einem Fokus auf häuslicher Gewalt zeigt die Rechtsanwältin Mechanismen und Strukturen auf, die patriarchale Gewalt begünstigen und letztendlich zu Femiziden führen (können). Sichtbar gemacht werden dabei Ungleichgewichte und Missstände im Sozial- und Rechtssystem, aber auch im privaten Raum. Durch persönliche, anonymisierte Aussagen der Mandant:innen gewinnt "Gegen Frauenhass" an Tiefe und wird zugleich noch mehr zu einer bedrückenden Lektüre. Es bleibt jedoch nicht bei einer sensibilisierenden Bestandsaufnahme: Konkrete Handlungsansätze für jede:n Einzelne:n schließen das eindrückliche, intersektional ausgerichtete Sachbuch ab. Unbedingt empfehlenswert - ganz besonders für alle, die mit Frauen und Gewaltbetroffenen arbeiten!
Sofie Fiebiger
Clemm, Christina: Gegen Frauenhass. München: Hanser Berlin 2023. 254 S. ; 21 cm. ISBN 978-3-446-27731-1, geb.: 22,00 Euro
Die stille Gewalt. Wie der Staat Frauen alleinlässt
Eine präzise Analyse dessen, was staatliche Institutionen noch zu leisten haben, um Frauen vor Gewalt zu schützen.
Wenn Frauen sich aus gewaltvollen Partnerschaften zu befreien suchen, werden ihnen vom deutschen Staat viele Steine in den Weg gelegt. Das unprofessionelle Verhalten der Polizei, chronisch unterfinanzierte Jugendämter und fragwürdige Entscheidungen von Familiengerichten zementieren die Gewalt gegen Frauen und führen sie fort. Wütend, eindringlich und glasklar beschreibt Asha Hedayati wie patriarchale, kapitalistische und rassistische Strukturen in unserer Gesellschaft die Unversehrtheit und das Leben von Frauen systematisch bedrohen. Für das Sachbuch schöpft die Autorin aus ihren Erfahrungen als Beraterin und Anwältin für Familienrecht. Das macht ihren Bericht authentisch. Es gelingt ihr, juristische Sachverhalte verständlich zu beschreiben, sodass man ihrer Argumentation gut folgen kann. Das Buch ist dringend notwendig und das ist ein Armutszeugnis für den deutschen Staat. Eine Empfehlung für alle, die die Mechanismen der patriarchalen Gesellschaft verstehen und verändern möchten.
Wiebke Richter
Hedayati, Asha: Die stille Gewalt. Wie der Staat Frauen alleinlässt . Asha Hedayati. Hamburg: Rowohlt Polaris 2023. 191 S. ; 21 cm.
ISBN 978-3-499-01032-3, kt.: 18,00 Euro
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