Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
Britta Pedersen/dpa
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Bundespräsident
Steinmeier würdigt Demos für Demokratie
Bundespräsident Steinmeier ruft angesichts von Attacken auf den Rechtsstaat zur Verteidigung der Demokratie auf. Ausdrücklich würdigte er zum Abschluss seines "Ortszeit"-Besuches im nordrhein-westfälischen Espelkamp die aktuellen Demonstrationen. Steinmeier beklagt außerdem Bedeutungsverlust der Kirchen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Demonstrationen für Demokratie und den Rechtsstaat gewürdigt. Wenn sich Menschen aus dem gesamten politischen Spektrum der demokratischen Mitte zusammenfinden, um für die Demokratie auf die Straße zu gehen, dann habe "sich etwas in die richtige Richtung bewegt in diesem Land", sagte Steinmeier dem Bielefelder "Westfalen-Blatt" (Samstag).

Die Abgrenzung von Demokratieverächtern schaffe die Politik nicht alleine, sagte Steinmeier weiter. Wichtig sei es jetzt, dass diese Debatte über das, was es in der Demokratie zu verteidigen gelte, auch im Alltag der Menschen ankomme. Steinmeier würdigte die Recherchen des Netzwerks "Correctiv" über ein Potsdamer Geheimtreffen von hochrangigen AfD-Politikern, Neonazis und Unternehmern. Dies habe für "ein Aufwachen gesorgt, dass endlich begriffen wird, in welche Zukunft Extremisten unser Land führen wollen".

Mit Blick auf die Ukraine erklärte Steinmeier, dass Deutschland zur Solidarität mit dem von Russland überfallenen Land verpflichtet sei. "Wir sind keine Kriegsbeteiligten. Und wollen es nicht sein. Aber dieser Krieg geht uns etwas an!", sagte er. Die Charta der Vereinten Nationen verlange den Respekt vor den gezogenen Grenzen samt dem Schutz der Unabhängigkeit von Staaten und der Unverletzlichkeit ihres Territoriums. Wenn diese zentralen Prinzipien eines völkerrechtlichen Systems eklatant verletzt würden, "dann geht uns ein solcher Krieg etwas an - und wir müssen diejenigen, die Opfer dieser Verletzung sind, nach Kräften unterstützen".

Besorgt äußerte sich Steinmeier zudem über einen Bedeutungsverlust der Kirchen. Mit dem Schwinden der Kirche "fehlt eine Institution, die mit dafür sorgt, gesellschaftlichen Zusammenhalt zu organisieren", sagte er. Er verkenne jedoch nicht, dass die Kirchen mit eigenem Fehlverhalten dazu beigetragen hätten, dass sich neben dem Prozess der Säkularisierung "die Zahl der Austritte dramatisch entwickelt hat".

Zum Abschluss seines dreitägigen "Ortszeit"-Besuches im nordrhein-westfälischen Espelkamp forderte das deutsche Staatsoberhaupt in dem Interview zu mehr Mut, Zuversicht und Tatkraft auf. "Meine Erfahrung aus vielen Jahren Politik ist, dass Pessimismus lähmt. Und dass Krise kein Schicksal ist."