Bei einer digitalen Pressekonferenz haben die beiden großen Kirchen in Deutschland das Dokument "Mehr Sichtbarkeit in der Einheit und mehr Versöhnung in der Verschiedenheit" vorgestellt. EKHN-Präsident Volker Jung nannte angesichts großer gesellschaftlicher Veränderungen die Gefahr, "dass die Ökumene unter die Räder gerät", als einen Grund für die erneute Positionierung. Das Papier sei ein Zeichen, wie wichtig der Zusammenhalt von Protestanten und Katholiken in Transformationsprozessen sei.
Jung betonte, dass das Dokument ein Masterplan sei, der die Einheit der Christ:innen bereits als gelebt anerkenne: "Ökumene ist in vielen Kirchen und Dekanaten bereits Realität." Jung erkannte jedoch auch die Herausforderungen auf institutioneller Ebene an. "Es gibt unterschiedliche Geschwindigkeiten, die wir akzeptieren müssen."
Ausgangspunkt für die Erstellung des Dokuments war das Reformationsjubiläum 2017, in dessen Nachgang die Kirchen ökumenische Impulse aufnehmen und weitertragen wollten. Das berichtet Thomas Söding, Theologie-Professor an der Universität Bochum, der an der Erstellung des Papiers beteiligt war. "Wir sehen in der internen und externen Vielfalt der Kirchen kein Problem, das es zu lösen, sondern ein Pfund, mit dem es zu wuchern gilt", so Söding.
Seine Kollegin, Theologieprofessorin Miriam Rose, sagt, das Papier fördere einen "engagiert nüchternen" Ansatz zur Ökumene, bei dem es darum gehe, sich nicht von Gefühlsschwankungen in den Beziehungen irritieren zu lassen. Sie sieht darin eine "enttäuschungsresistente" Einstellung, mit der sich die ein oder andere ökumenische Eiszeit brechen ließe.
Trotz vieler Fortschritte führen Themen wie die Frauenordination, die Haltung zur Homosexualität und die Frage nach der kirchlichen Autorität zu Spannungen und Diskussionen zwischen den Kirchen.
Jungs katholischer Kollege, der Vorsitzende der Deutschen Bischofkonferenz, Gerhard Feige, legte bei der Pressekonferenz deshalb den Fokus auf die Frage: "Wie kann man sich sichtbare Einheit in versöhnbarer Verschiedenheit vorstellen?" Einheit bleibe das Ziel der Ökumene - jedoch "nicht vage, nicht uniformistisch", sagt Feige.
Der katholische Bischof sieht die Besonderheit des festgeschriebenen Bekenntnisses beider Kirchen in seiner Prozessorientierung. "Wir sind noch nicht am Ziel, aber vieles, das wir tun, ist bereits gelebte Ökumene", sagt Feige. Jung sieht das Papier deshalb als Mutmacher für alle, die bereits ökumenisch denken und handeln.