Johannetta Cornell, Kreisjugendpfarrerin
privat
Kreisjugendpfarrerin Johannetta Cornell findet, dass Fasten "so eine Art Frühjahrsputz" für unser Inneres sein sollte.
7 Wochen ohne
Wie hältst du es mit dem Fasten, Johannetta?
Johannetta Cornell (44) ist seit zwei Jahren Kreisjugendpfarrerin der Evangelischen Kirche in Potsdam. Sie leitet die evangelische Jugendarbeit mit und für Jugendliche zwischen 14 und 27 Jahren. Zum Beginn der Fastenzeit hat evangelisch.de sie gefragt, was beim Fasten eigentlich alles geht. Ihre überraschende Antwort: Nicht nur um den Verzicht.

evangelisch.de: Johannetta, wie hältst du es mit dem Fasten?

Johannetta Cornell: Mir gefällt die Idee, dass es so eine Art Frühjahrsputz ist. Ich überlege mir, was in meinem Inneren viel Raum einnimmt und neu angeordnet werden will. Diese Dinge, die über die vergangenen Wintermonate in mir gewachsen sind, schaue ich an und frage: Werfe ich euch komplett raus oder nur für eine gewisse Zeit und was ergibt sich da für neuer Raum? Raum für eine spirituelle Begegnung mit Gott? Ich schaffe Raum, um auf seine Stimme zu hören und in eine neue Tiefe zu kommen.

 

Es gibt unterschiedliche Arten zu fasten.

Ja, der eine verzichtet auf Genussmittel, dazu gehört nicht nur Schokolade, sondern auch bewegte Bilder, social media oder auch die Zeiten, die sehr stark mit Arbeit besetzt sind. Hier muss ich lernen, mich abzugrenzen und zurückzufahren. Für mich bedeutet Fasten aber auch, bestimmte Verhaltensmuster von mir zu hinterfragen. Das kann eine Anfechtung sein. Im biblischen Kontext spricht man von der Versuchung. Man wird versucht, andere Menschen zu beneiden oder tut Dinge lieber nur für sich alleine. 

Das führt uns zum Motto der diesjährigen Fastenaktion.

Cornell: Genau, in diesem Jahr gilt das Motto "Ey, komm mal rüber". Das heißt für uns, mehr im Team zu denken oder Menschen in Not zu sich einzuladen.

Das klingt erst mal gar nicht nach Fasten. 

Cornell: Ich finde es aber total spannend, dass man eher Dinge mehr tut als das man sie lässt. Dass man also nicht verzichtet. Das Ziel ist es: Um in Begegnung mit Gott zu kommen, öffne ich mich für andere.

Es geht aber auch in Stille?

Cornell: Ja, das ist dieses Jahr zwar nicht meine Art des Fastens, aber natürlich auch möglich. Man geht vielleicht jeden Tag 20 Minuten in die Stille. Das bedarf ein bisschen Übung, insofern ist es gut, dass das Ganze sieben Wochen dauert. Am Anfang fällt es schwer, in diese Stille zu finden. Es fällt aber mit jedem Tag und mit jeder Woche einfacher, weil man dann Übung darin bekommt, den Gedanken zu erlauben zu gehen, die sich nach vorne drängen und sie loszulassen. Man kann sich einen Bibelvers vorlegen und die Konzentration immer wieder auf ihn lenken und über ihn meditieren. Das ist ehrlich gesagt eine Art des Luxus. Es ist eine Kraft, aus der man im Alltag schöpfen kann. Ich kann mich dann auf das besinnen, was mir Kraft und Liebe gibt, wenn ich mich zum Beispiel mit dem Bibelvers aus dem 2. Timotheus beschäftige: 

"Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit."

Es gibt aber auch Alternativen. Jeder muss einen eignen Weg finden. Für manche ist es besser, spazierenzugehen. Bevor man ins Bett geht, dreht man noch einmal eine kleine Runde für sich. Aber ich würde diese Zeit jetzt auch nicht gleich wieder so vollstopfen, sondern es auch einmal aushalten, dass 20 Minuten lang nichts passiert und Vertrauen haben, dass sich in dieser Zeit eben doch etwas ereignet.

Lassen sich deine jungen Gemeindemitglieder auf das Fasten ein?

Cornell: Ich habe sie am Aschermittwoch über social media gefragt: Habt ihr euch schon entschieden, ob ihr fasten wollt? Ein Mädchen schrieb zurück, dass sie jede Woche etwas anderes fastet. Das fand ich interessant. Sie schrieb: Die erste Woche ohne Zucker, die zweite Woche ohne Gluten, die dritte ohne Insta und die letzte weiß ich noch nicht. Das fand ich süß, denn eigentlich sind es ja sieben Wochen.