Viele fühlten sich von den Vorhaben Rechtsextremer zur Deportation von Migranten mehr getroffen, als dies in der Öffentlichkeit bekannt werde, sagte Ceylan dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das gelte sogar für junge türkeistämmige Muslime, die bereits in der dritten Generation in Deutschland lebten. "Sie reden untereinander über Exit-Pläne, also darüber, wann und wie sie Deutschland im Ernstfall verlassen können."
Es werde zu sehr über die Größenordnung der Demonstrationen geredet oder darüber, ob damit AfD-Wähler zurückgewonnen werden könnten, bemängelte der Professor für gegenwartsbezogene Islamforschung an der Uni Osnabrück. Diejenigen jedoch, die eigentlich betroffen seien von den Plänen, die Rechtsextreme und AfD-Mitglieder bei einem Geheimtreffen in Potsdam besprochen hätten, würden öffentlich kaum gehört. "Die deutsche Mehrheitsgesellschaft müsste sich einmal vorstellen, wie das wäre, wenn sie seit Generationen in der Türkei leben würden und plötzlich redeten die Türken davon, dass sie deportiert werden sollten."
Er selbst führe häufig Gespräche in Shisha-Bars oder Männer-Cafés, berichtete Ceylan. Dort gehe die Diskussion über die neuartige Bedrohung durch alle Schichten, vom einfachen Arbeiter bis zum Akademiker. "Das ist keine kleine Minderheit." Manche zögen sogar eine Parallele zur NS-Zeit und warnten sich gegenseitig, nicht den richtigen Zeitpunkt zu verpassen: "Sie wollen nicht zu lange mit der Ausreise warten, wie damals viele Juden."
Die Menschen diskutierten darüber, über welche Routen sie am sichersten aus Deutschland ausreisen und in welchem Land sie Zuflucht finden könnten. Angesichts der starken rechten Parteien in vielen europäischen Ländern kommt Ceylan zufolge für viele vor allem die Türkei infrage.