In vielen US-Bundesstaaten steht die Todesstrafe auf dem Prüfstand. Illinois, New Mexico, New Jersey, Oregon und zuletzt Connecticut haben die Todesstrafe abgeschafft. Zeitgleich mit der Präsidentschaftswahl am 6. November entscheiden nun auch die Wähler in Kalifornien über ein Ende der Hinrichtungen. Gegen den Willen vieler Todeshäftlinge, die sich für den Erhalt der Strafe aussprechen.
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Fast ein Viertel aller Todeskandidaten der USA sind in Kalifornien inhaftiert. Mehr als 700 zum Tod Verurteilte sitzen im berüchtigten San Quentin-Gefängnis an der San-Francisco-Bucht. Todesstrafen wurden allerdings seit der Wiedereinführung der Strafe im Jahr 1977 nur in 13 Fällen vollstreckt. Hintergrund sind die langen Berufungsverfahren sowie der Streit um Hinrichtungsmethoden.
Der Widerstand gegen die Initiative zur Abschaffung der Todesstrafe ist groß. Mit Blick auf die "Proposition 34" genannte Initiative argumentieren etwa Polizistenorganisationen und Opferverbände, nur die "abscheulichsten Täter" würden zum Tod verurteilt. Auf der anderen Seite sprechen sich aber auch Menschenrechtler und sogar Todeshäftlinge für den Erhalt der Strafe aus.
"Nur eine andere Version"
Wie etwa der zum Tod verurteilte Kevin Cooper. Er kritisierte in der Zeitung "San Francisco Bay View", Proposition 34 "würde die Todesstrafe durch "lebenslänglich ohne Bewährungsmöglichkeit" ersetzen. Das sei im Grunde genommen nur eine "andere Version der Todesstrafe", so Cooper. Verurteilte fürchteten zudem, keinen kompetenten Rechtsbeistand mehr zu bekommen. Denn oft schalten sich erst im Berufsverfahren hochkarätige Anwälte ein.
Häufigen Besuchern von San Quentin sei klar, dass "die meisten Todeshäftlinge Proposition 34 ablehnen", erklärte Juraprofessor Jonathan Simon von der University of California in seinem Blog. Er kann diese Haltung verstehen. Haben doch Todeshäftlinge, anders als normale Inhaftierte, bei dem zweistufigen Berufungsverfahren durchgehend Anspruch auf einen staatlich finanzierten Anwalt.
Alle Staaten, in denen die Todesstrafe abgeschafft wurde, hätten als Alternative "lebenslänglich ohne Möglichkeit der Bewährung" eingeführt, sagte der Direktor des Todesstrafen-Informationszentrums in Washington, Richard Dieter. Dadurch soll garantiert werden, dass Mörder nie mehr töten können. Dieter argumentiert: Lebenslang sei besser als Hinrichtung. Denn bei einer lebenslangen Strafe ließen sich Fehlurteile korrigieren.
Eine neue Kultur
Auch in Oregon, wo 2011 die Todesstrafe mit einem Moratorium ausgesetzt wurde, sieht man den Verzicht auf die Hinrichtungen positiv. Anwalt Jeffrey Ellis räumt zwar ein, dass möglicherweise die "Qualität des Rechtsbeistands" nachlasse, wenn aus dem Todeshäftling ein zu lebenslanger Haft Verurteilter werde. Aber Abschaffung oder Moratorium seien Fortschritte, sagte er dem epd. Allmählich zeichne sich in den USA eine neue "Todesstrafenkultur" ab. Es werde weniger Menschen hingerichtet, und es fielen nicht mehr so viele Todesurteile.
Juraprofessor Simon äußerte sich indes besorgt über die Haftbedingungen, sollte die Todesstrafe abgeschafft werden. Die Bedingungen im Normalvollzug für Langzeithäftlinge seien schlechter als im Todestrakt. Die Gefängnisse in Kalifornien sind stark überbelegt. Die Zustände gelten als so miserabel, dass sie gegen das Verfassungsverbot der "grausamen und ungewöhnlichen Strafe" verstoßen, urteilte das Oberste US-Gericht 2011.
Es dürfte knapp werden bei der Abstimmung zur Abschaffung der Todesstrafe. Das Wahlvolk ist Umfragen zufolge gespalten. Die zum Tode Verurteilten warten. Wie seit Jahrzehnten. Einer sitzt seit 34 Jahren in San Quentin. Douglas Stankewitz war der erste kalifornische Todeshäftling nach der Wiedereinführung der Todesstrafe im Jahr 1977. Er soll eine junge Frau entführt und erschossen haben. Das Berufungsverfahren zieht sich hin.