Foto: epd-bild/Agata Skowronek
Koptischer Gottesdienst in der Hängenden Kirche in Kairo.
Das Los entscheidet: Die Kopten wählen ihren Papst
Die Kandidaten für das Amt des neuen koptischen Papstes stehen fest. Drei Mönche und zwei Bischöfe wollen Oberhaupt der koptischen Christen weltweit werden. Unterdessen diskutiert die koptische Gemeinde in Ägypten heftig über die Zukunft des Christentums am Nil.
28.10.2012
epd
Julia Gerlach

Es ist kein Wahlkampf, denn es gibt keine Wahl im eigentlichen Sinne. "Doch es geht uns darum, dass die Gemeinde die Kandidaten kennt", sagt der Sprecher der koptischen Kirche, Bischof Paul. Und so haben die fünf Kandidaten für die Nachfolge des verstorbenen Koptenpapstes Schenuda III. Interviews im christlichen Privatfernsehen gegeben. Sie reisten durchs Land und hielten gemeinsam Messe. So sollten möglichst viele der rund zehn Millionen Kopten in Ägypten die Gelegenheit haben, die Anwärter auf das Papstamt kennenzulernen.

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Tatsächlich ist dies notwendig, denn die meisten der Kandidaten sind eher unbekannt. Waren anfangs mehrere sehr bekannte Bischöfe im Gespräch, hat das amtierende Oberhaupt der Kirche, Bischof Pachomius, keinen bekannten Namen auf die offizielle Kandidatenliste gesetzt. Aus 17 Kandidaten hatte er, während er sich in ein Kloster zurückgezogen hatte, fünf ausgewählt.

Zur Wahl stehen nun in einer ersten Runde drei Mönche und zwei Bischöfe: der Erziehungswissenschaftler Pachomius El-Syrian (49) und der Naturwissenschaftler Seraphin El-Syrian (53) aus dem Kloster Wadi Natroun sowie der Rechtswissenschaftler Raphael Ava Mina (88) aus dem Kloster Mara Mina in Alexandria. Darüber hinaus kandidieren Bischof Tawadros (60) aus Bahaira und Bischof Raphael (58) aus Kairo.

Der neue Papst wird vom Los bestimmt

Am Montag wird eine Versammlung von rund 2.400 Geistlichen und Laien drei Favoriten bestimmen. Damit ist das komplizierte mehrstufige Wahlverfahren aber noch nicht zu Ende. Ein Kind mit verbundenen Augen zieht am 4. November per Losverfahren den neuen Papst. "Dies ist Tradition der Kirche", erklärt Youssef Sidhom, der Chefredakteur der christlichen Zeitung "Watani". "Gottes Wille allein entscheidet, wer das Oberhaupt der Kirche sein soll".

Das Wahlverfahren ist unter den Kopten in Ägypten umstritten. Streit gibt es vor allem über die zugelassenen Kandidaten und die Zusammensetzung der Wahlversammlung. Die Spaltung der koptischen Gemeinde in Ägypten hat sich dadurch vertieft: Säkulare und religiöse Kopten stehen sich gegenüber. "Die Säkularen wollen, dass nur Mönche zur Wahl zugelassen werden", sagt Sidhom. "Das Kirchenoberhaupt soll sich aufs Spirituelle konzentrieren und sich nicht ins politische Einmischen. Wir halten dies für falsch!" In den schwierigen Zeiten brauche die Kirche ein politisch erfahrenes Oberhaupt, das Brücken zu anderen Religionsgemeinschaften und zur Regierung baue.

Mit Mohammed Mursi steht ein ehemaliges Mitglied der Muslimbruderschaft an der Spitze der Regierung. Seit dem Sturz von Präsident Hosni Mubarak im Februar 2011 ist die Zahl der Gewalttaten und Übergriffe gegen Christen in Ägypten angestiegen. Die politischen Umwälzungen haben Einfluss auf die koptische Gemeinschaft. Neben der Spaltung innerhalb der Kirche engagieren sich viele Christen in der Opposition.

"Christen immer mehr an den Rand gedrängt"

Ein Beispiel hierfür ist die "Jugend von Maspero". Diese christliche Bewegung entstand, als 2011 immer wieder Anschläge auf Christen verübt wurden, Kirchen brannten und die Christen in großen Demonstrationen zum Fernsehgebäude von Kairo zogen. "Unsere Forderungen, sind die Forderungen der Revolution: Brot, Freiheit und Gerechtigkeit", sagt das Gründungsmitglied der Bewegung, Emad Erian. "Wir Christen wollen, dass diese Rechte für uns genauso gelten wie für alle." Man könne doch nicht mit anschauen, wie Christen immer mehr an den Rand gedrängt und zum Opfer von Gewalt würden, so dass viele das Land sogar verlassen wollten.

Innerhalb der koptischen Gemeinschaft bekommen die Jugendlichen für ihr Engagement allerdings nicht nur Beifall: "Es wäre viel besser, wenn sie sich in allgemeinen politischen Parteien engagieren würden, statt nachzumachen, was die Islamisten tun, nämlich Religion und Politik zu mischen", sagt Sidhom. Auf den neuen Papst, egal wer es wird, kommen schwierige Aufgaben zu.