Es ist dieses unergründliche Lächeln, das ihn zu einem wandelnden Mysterium macht: Jimmy Page ist wortkarg, und wenn er redet, dann vor allem über sich selbst und sein Lebenswerk, seine frühere Band "Led Zeppelin". Ansonsten lächelt er in sich hinein, als ob er insgeheim alle Fäden der Welt zöge. "Ich wollte totale Kontrolle", sagte er dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" 2016 in einem seiner wenigen Interviews. Am 9. Januar wird der britische Gitarrist, Komponist und Schallplattenproduzent 80 Jahre alt.
Page hat die künstlerische Selbstinszenierung zum "Gitarrengott" vielleicht am extremsten betrieben. In Heston bei London geboren, hat James Patrick ("Jimmy") Page manisch über Jahrzehnte seinen Ruf zementiert, einer der besten und innovativsten Rockgitarristen zu sein. Heute ist der weißhaarige Musiker, der nur selten in der Öffentlichkeit zu sehen ist, eine Art Kurator und Nachlassverwalter in eigener Sache. Er gibt die Werke von "Led Zeppelin" nach und nach digital bearbeitet heraus.
In den 1960er Jahren arbeitet er als Sessionmusiker, etwa für Tom Jones oder Joe Cocker, spielt ab 1966 Gitarre in der Bluesband "Yardbirds" - einer Talentschmiede für Gitarristen, aus der auch Jeff Beck und Eric Clapton hervorgehen. 1968 gründet er "Led Zeppelin", mit mehr als 300 Millionen verkaufen Alben die erfolgreichste Rockband der 1970er Jahre.
Mit "Led Zeppelin" und ihrer bleischwer stampfenden Musik, die Elemente des Blues, Rock'n'Roll, des britischen Folk sowie indische und arabische Klänge vereint, bereitet der Eigenbrötler dem späteren Hardrock und Heavy Metal den Weg. Neun Studioalben gibt die Gruppe um den Mastermind Page heraus, kreative Partner sind Robert Plant (Gesang), John Paul Jones (Bass, Keyboards) sowie der Schlagzeuger John Bonham. Nach dessen Tod im Alkoholrausch 1980 löst Page die Band auf.
In den 1970er Jahren ist der jungenhaft schlanke Page der Archetypus des Rockgitarristen - und ein androgynes Sexsymbol: Seine Gibson-Les-Paul-Gitarre hängt cool auf Hüfthöhe, die schwarze Lockenpracht verdeckt sein Gesicht. Songs wie "Whole Lotta Love", "Rock and Roll" oder "Kashmir" mit verzerrten Gitarrenriffs sind genreprägend. Bei Songs wie "Dazed and Confused" streicht der Klangpionier mit dem Geigenbogen über die Saiten.
Erfinder der Unplugged-Musik
Page sei auch der eigentliche Erfinder der Unplugged-Musik, würdigt ihn Steven Tyler von "Aerosmith", als Jimmy Page und seine Band 1995 in die "Rock and Roll Hall of Fame" aufgenommen werden. Mit "Led Zeppelin" veröffentlicht er keine Singles, sondern ausschließlich Langspielplatten, auf denen sich immer auch ruhige, akustische Stücke zu Westerngitarre oder Mandoline finden.
"Led Zeppelin" ist Pages Kunstprojekt, in dem er zwölf Jahre lang seine Ideen verwirklicht. Sänger Plant ist für die symbolreich-überdrehten Texte zuständig, etwa "Houses of the Holy" (1975).
Den größten Erfolg feiert Page mit dem zeitlosen Rockepos "Stairway To Heaven" (1971) vom vierten, namenlosen "Led Zeppelin"-Album. Der Song über eine Dame, die sich eine Leiter zum Himmel kauft, aber ihr Glück offenbar nicht findet, ist das Opus Magnum von Page. Das Magazin "Rolling Stone" führt ihn seit Jahren auf Platz drei der besten Gitarristen - hinter Jimi Hendrix und Eric Clapton.
Fan des britischen Okkultisten Aleister Crowley
In die Schlagzeilen gerät Page in den 1970er Jahren mit seinem Hang zum Okkultismus und finsteren Mächten. Der Musiker liebäugelt mit den Werken des britischen Okkultisten Aleister Crowley (1875-1947), der als Erfinder des modernen Satanismus gilt. Zeitweise besitzt Page dessen Haus in Schottland, wo er abgeschieden an seiner Musik werkelt.
Fasziniert scheint Page davon gewesen sein, welche magische Anziehungskraft Crowley als Gründer eines skurrilen Kultes von Sex, Gewalt und Zerstörung auf seine Anhänger hatte. Ähnlich wie dieser habe auch Page mit "Led Zeppelin" versucht, seine Fans zu manipulieren, sie zu "verhexen", befinden Kritiker.
Nach der "Zeppelin"-Ära stürzt Page in den 1980er Jahren schwer ab. Eine Solokarriere scheitert, auch andere Projekte etwa mit Robert Plant (1994) bringen nicht den erhofften Erfolg. Im Jahr 2007 kommen die überlebenden "Led Zeppelin"-Musiker in London zu einem einzigen Konzert wieder zusammen. Doch Sänger Plant schlägt Angebote von Page aus, das alte Luftschiff wieder steigen zu lassen. Wie er seine Klangkunst schafft, darüber schweigt er sich bis heute aus - und lächelt nur.