"Die christliche Botschaft vermittelt, dass wir frei sind, um für den Nächsten zu handeln", führte Kuschnerus aus und ergänzte: "Frei davon, immer wie ein Egozentriker, wie ein Egoshooter durch die Gegend zu rennen." Es sei eine wunderbare Erfahrung, anderen Menschen zur Seite zu stehen und dadurch Sinn zu erfahren, "in der Familie, unter Freunden, in der Nachbarschaft, aber auch am Arbeitsplatz".
Zur Liebe gehört Kuschnerus zufolge auch die Einsicht, dass niemand perfekt ist. "Das gilt aus meiner Sicht übrigens auch für Politikerinnen und Politiker. Wir sind alle sehr geneigt, auf 'die da oben' zu schimpfen. Dabei verlieren wir leicht aus dem Blick, dass das Menschen sind, die eine hohe Verantwortung tragen, die dafür sorgen, dass die Demokratie funktioniert."
Berechtigte Kritik müsse geübt werden, das sei wichtig für die demokratische Debatte. "Aber bitte sachlich und ohne den Menschen anzugreifen. Zu denken, dass Politikerinnen und Politiker perfekt sein müssen und nie einen Fehler machen dürfen, das halte ich für ganz problematisch, das schadet unserer Demokratie."
"Die gleiche Nachsicht braucht jeder Mensch auch für sich", betonte der Theologe. "Denn wenn ich nicht nachsichtig mit mir sein kann, wie will ich dann nachsichtig mit anderen sein?" Liebe im christlichen Sinn sei bezogen auf Menschen, die eben nicht stark und nicht perfekt seien: "Auf dem nicht-Perfekten liegt der Glanz Gottes."
Die Jahreslosung gibt es schon seit 1934. Sie wird von der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen in einem langen Prozess ausgewählt. Zum Auswahlgremium gehören Vertreterinnen und Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche sowie aus freikirchlichen Werken und Verbänden aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, dem Elsass und Polen. Die Losung für 2024 stammt aus dem 1. Korintherbrief im Neuen Testament (16,14).