"Ich finde es ganz toll, dass es hier Kinderbischöfe gibt", sagt Marie. "Mir haben diese beiden Jahre Amtszeit richtig viel Spaß gemacht", sagt die Zehnjährige. Am liebsten würde sie ein weiteres Jahr dran hängen, aber das widerspräche dem Reglement. Beim Gottesdienst am zweiten Adventssonntag (10. Dezember) übergeben Marie und ihre "Bischofskollegen" Leevke und Mats ihr Amt nun an ihre Nachfolger. Auch ihre Bischofsketten mit dem Symbol des Heiligen Nikolaus, die sie um den Hals tragen, werden sie dann weiterreichen.
Im Göttinger Ortsteil Nikolausberg amtieren seit 1999 Kinderbischöfe, die ersten drei wurden von der damaligen Landesbischöfin Margot Käßmann eingesetzt. Mit ihrer Ernennung will die örtliche Kirchengemeinde eine alte Tradition neu beleben: Die Kinderbischöfe wirken nach dem Vorbild des Heiligen Nikolaus, Bischof von Myra in der heutigen Türkei, und engagieren sich in der evangelischen Kirchengemeinde und im Ortsrat für die Belange der Kinder. Sie werden vorgeschlagen von der Grundschule Nikolausberg, dem örtlichen Sportverein und der Kirchengemeinde. Die Amtszeit dauert ein Jahr, kann jedoch um ein weiteres Jahr verlängert werden. Während ihrer Amtszeit werden sie von zwei Patinnen oder Paten begleitet.
Sie wählen den "kinderfreundlichsten Menschen"
In der Vergangenheit setzten sich die Kinderbischöfe etwa für Schritte zur Verkehrsberuhigung oder für Geschwindigkeitskontrollen in Nikolausberg ein. Sie erreichten bei den Verantwortlichen, dass die Situation auf Spielplätzen verbessert und an den Fußball-Toren auf dem Schulhof Netze angebracht wurden. Zudem erstellten sie ein Heft mit Erläuterungen, damit Kinder die Gottesdienste in der Kirche besser verstehen können. Die Kinderbischöfe wählen auch stets den "kinderfreundlichsten Menschen von Nikolausberg".
Marie, Leevke und Mats haben in diesem Jahr Schüler der örtlichen Grundschule gefragt, was diese sich wünschen. Mit dem Wunschzettel sind sie beim Ortsrat vorstellig geworden. Nicht alles ließ sich realisieren, eine Wasserrutsche und ein Fitnessstudio für Kinder lehnten die Kommunalpolitiker als zu teuer ab. Auch mit dem erbetenen Volleyballnetz auf dem Spielplatz wurde es nichts.
"Dafür haben wir zwei Kindergottesdienste selbst organisiert", erzählt die neunjährige Leevke. Einen zum Thema Ostern, den anderen zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls: "Wir haben Spiele gemacht, wo die Kleinen den Großen und die Großen den Kleinen helfen sollten." Beim diesjährigen Schulfest und beim Sommerfest in der Gemeinde waren die Kinderbischöfe mit einem eigenen Stand vertreten, haben Dosenwerfen und Sackhüpfen angeboten. Dass es im nächsten Jahr einen Weihnachtsmarkt für Kinder geben soll, geht ebenfalls auf die Initiative der Kinderbischöfe zurück.
Auch die künftigen kleinen Bischöfe, die am zweiten Advent eingeführt werden, haben schon Ideen für ihre Amtszeit entwickelt. "Früher gab es im Gemeindehaus einen Raum für Jugendliche", berichtet die neun Jahre alte Neele. Inzwischen hätten den die Pfadfinder in Beschlag genommen. "Es wäre toll, wenn wir es schaffen, dass es wieder so einen Treffpunkt für alle gibt".
Weit vorn auf der "To do"-Liste von Neele, Mateo und Lia steht jedoch das Thema Umweltschutz und Energiesparen. Dass viele Einwohner mit dem Auto zum Brötchenholen fahren oder motorisiert ihre Kinder von der Kita abholen, findet Mateo gar nicht gut. "Vielleicht können wir Plakate oder Flyer machen und beim Bäcker und beim Edeka aufhängen", überlegt der Achtjährige.
"Macht doch einen Wettbewerb zum Stromsparen", wirft Marie ein. "Mit einem großen Hinweis-Transparent am Ortseingang." Die Haushalte, die ihre Energiekosten am stärksten senken, sollten einen Preis erhalten. Neele und Mateo haben auch schon eine Idee, wie der Preis finanziert werden kann - mit einer Art Strafzoll nämlich: Wer trotz der Mahnungen der Kinderbischöfe weiterhin mit dem Auto zum Bäcker fährt, soll um eine Spende gebeten werden.